Kummerkastenantwort 3.112: Bin ich vielleicht ein bisschen nicht-binär?

Hallo,
erstmal möchte ich mich bedanken. Ihr habt mir schonmal mit einer Frage zu meiner sexuellen Orientierung sehr weitergeholfen.

Inzwischen bin ich (AFAB, 25) an einem Punkt, an dem ich mein Geschlecht hinterfrage. Es gibt immer wieder Situationen, in denen ich es hasse eine Frau sein zu müssen. Meistens wenn irgendwelche Stereotype erwähnt werden (Frauen, mögen Shopping, Frauen sind einfühlsamer, brauchen mehr Hilfe, sind nicht gut in Mathe…). Ich achte schon immer (seit ich so 8? bin) sehr darauf nicht zu typisch weibliche Dinge zu tun, oder zu kaufen etc. Meine Mutter erzählt mir seit langem ich wäre als kleines Kind ganz anders gewesen und hätte rosa und Kleidchen gemocht. Ich vermeide diese Dinge, damit ich nicht als zu weiblich wahrgenommen werde, nicht als eine Person, die irgendwelche dieser typisch weiblichen Stereotype erfüllt.
Bis jetzt dachte ich immer, dass das einfach daran liegt, dass ich einfach die gesellschaftlichen Stereotype nicht mag und wie mit Frauen allgemein umgegangen wird.

Nur ist jetzt vorgefallen, dass ich aufgrund von meiner ausbleibenden Periode unter verdacht war inter zu sein. Irgendwie habe ich sehr gehofft, dass diese Vermutung evtl. bestätigt wird, weil ich dann keine Frau mehr sein müsste. Der Gedanke hat mir sehr gefallen. Auch der Gedanke mithilfe des Selbstbestimmungsgesetzes in meinen Ausweis divers eintragen zu lassen, sollte das irgendwann einfach so möglich sein gefällt mir.

Aktell schwirren mir da einige Fragen im Kopf rum: bin ich da vielleicht ein bisschen nonbinär?
Ist das vielleicht dysphorie oder doch nur Gesellschaftlicher Druck? Würde das überhaupt eine Rolle spielen, oder ist gender nicht eh nur ein gesellschaftliches Konstrukt?
Wäre es denn dann verwerflich, wenn ich in meinem Ausweis divers stehen habe, obwohl ich das Gefühl habe ich bin dazu gezwungen/ darin gefangen eine Frau zu sein?
Gibt es evtl Bücher, oder andere Ressourcen die ihr mir empfehlen könnt, um mit meinen Fragen weiter zu kommen?

Hej!

weißt du, das wichtigste beim eigenen Geschlecht und Label ist, dass man sich selbst damit wohlfühlt. Und wenn Frau nicht das Wort und Konzept ist, mit dem du dich wohlfühlst und identifizieren kannst oder willst, dann ist das total legitim. Nicht wenige nichtbinäre und/oder agender und/oder trans Menschen haben keine Dysphorie. Dysphorie ist keine Voraussetzung dafür, nicht cis zu sein. Im Übrigen kann ja der gesellschaftliche Druck, der dich in Rollen zwingt, durchaus auch eine Form von Dysphorie sein, und sich davon zu befreien ist mitunter sehr schwierig. Aber damit bist du absolut nicht allein, das geht vielen Menschen so – cis Frauen, nichtbinären und agender Menschen u.v.m.

Ich möchte dir raten: Probier dich aus. Probier Label und Pronomen und vielleicht auch einen neuen Namen aus, teste, womit du dich gut und wahrgenommen fühlst, finde heraus, was dir wichtig ist. Jedes Ergebnis ist dabei komplett valide. Vielleicht können dich Freund*innen oder andere Vertrauenspersonen dabei unterstützen. Auch der Austausch mit anderen nichtbinären Personen – online wie offline – kann sehr hilfreich sein.

Als Buch kann ich dir Gender-Kram von Louie Läuger empfehlen.

Liebe Grüße,
Valo

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