Enby Q&A: 10

Jeden Mittwoch veröffentlichen wir hier eine Frage und Antwort (“Q&A”) zu Nicht-Binären (“Enby”) Geschlechtern. Unser_e Gastautor_in ist Sasha. Es ist nichtbinär, das bedeutet, dass es weder männlich noch weiblich ist. Zu diesem Thema erreichen es immer wieder Fragen, die wir hier mitsamt den Antworten veröffentlichen dürfen. Sasha betreibt außerdem die Webseite https://geschlechtsneutral.wordpress.com

Frage: Wie wirst du überwiegend von Menschen wahrgenommen, die dich nich kennen (zb an der Kasse, Geschäft, etc) Eher als sie oder als er? Läßt du das dann so stehn oder sagst du du möchtest neutral angesprochen werden?

Antwort: Ich werde im Alltag so gut wie immer binärgeschlechtlich gelesen, möchte hier aber nicht drauf eingehen wie genau.

Wie ich darauf reagiere hängt davon ab, wie lange der Kontakt halten wird und wie viel Einfluss diese Zuweisung hat.

An der Kasse im Supermarkt oder in der Post am Schalter lasse ich es einfach stehen und sage nichts dazu. Das sind Menschen die ich aller Wahrscheinlichkeit nach nie wieder sehen werde, die sich (falls doch) nicht an mich erinnern (und ich mich nicht an sie), und welches Geschlecht sie mir zuweisen beeinflusst höchstens wie sie mich ansprechen, sonst nichts.

In Geschäften ist das ein bisschen anders, weil die Geschlechtszuweisung beeinflussen kann welche Beratung ich bekomme. Da hängen leider viele Geschlechtsstereotype mit drin. Zum Beispiel in Bekleidungsgeschäften kann es hilfreich sein, die Zuweisung explizit abzulehnen, und zu erklären dass ich weder weiblich noch männlich bin. Das verwirrt die Leute meistens erstmal, aber meistens drückt dann die aufgesetzte “der Kunde ist König”-Höflichkeit durch, und sie hören auf mich in die eine oder andere Richtung drängen zu wollen. Auf Korrekturversuche (“das hier ist aber die xy-Abteilung!”, “die xz-Abteilung ist dort drüben!”) reagiere ich meistens lakonisch mit “ich weiss”, ignoriere die Leute dann und erkläre höchstens auf Nachfrage.

Bei “wichtigen” Dingen gehe ich fast immer drauf ein. Behördenformulare, amtliche Briefe, Krankenversicherung, Bank, sowas.. Da werde ich wann immer möglich versuchen eine neutrale Anrede (zB “Guten Tag [Vorname] [Nachname]”) zu bekommen, und darauf hinzuweisen, dass die Optionen “männlich” und “weiblich” erstens auf mich nicht zutreffen, und zweitens gesetzlich nicht ausreichen. Meistens ist das eine völlig neue Information für die Leute denen ich das erkläre. Da hilft es, ihnen gleich die Wikipedia-Seite und andere Links an die Hand geben zu können. Meistens habe ich damit kein Glück, weil “das System” leiderleider “technisch” nur männliche und weibliche Formen/Anreden/Optionen zulässt. Dann bitte ich jeweils darum, der IT-Abteilung (bzw “den zuständigen”) meinen Hinweis weiterzuleiten, dass das doch bitte angepasst werden möge.
Ich denke wenn das genug Leute machen wirds auch irgendwann passieren.

Bei Menschen die ich im Freundeskreis oder bei Hobbies oder an der Uni neu kennenlerne, sage ich meistens auch beim ersten falschen Pronomen, dass mein Pronomen übrigens “es” ist. Was ich dann noch dazu erkläre hängt von der Reaktion ab.

Manchmal hab ich allerdings in jeder Situation keine Nerven zum korrigieren, erklären und verteidigen, und lasse eine falsche Zuweisung auch stehen obwohl sie mich nervt und weiter verfolgen wird. Manchmal ist mein kurzfristiges Seelenheil da wichtiger.