Kummerkastenantwort 298 – Ich bin ein muslimischer trans Junge

Hey, Ich bin ein Transgender Junge aber das wissen bis jetzt nur meine Freunde. Das Problem dabei ist das ich Muslim bin und Kopftuch trage. In meiner Religion wird es nicht akzeptiert Transgender zu sein. Ich habe Angst es meinen Eltern zu sagen da sie mir nicht glauben würden und sie mir nicht erlauben würden eine Hormon Therapie anzufangen. Wenn sie es erlauben würden, woran ich sehr zweifle, müsste ich das Kopftuch ausziehen und die Schule wechseln. alles ist gerade so kompliziert und ich habe oft Panikattacken. Ich weiß einfach nicht was ich jetzt machen soll.

Hallo du,

ich weiß nicht, wie es ist, muslimisch und trans zu sein, aber ich hoffe, ich kann dir trotzdem helfen, weil ich immerhin Erfahrungen mit nicht akzeptierenden religiösen Kontexten habe. Es ist total schwierig, religiös und queer / trans zu sein oder aus einer religiösen Familie zu kommen, die Transsein nicht akzeptiert. Viele Menschen benutzen Religionen, um damit trans Menschen zu diskriminieren und auszuschließen.

Wichtig ist aber, dass du weißt, dass du nicht allein bist: Es gibt sehr viele andere Menschen, die auch trans und muslimisch sind und die ähnliche Probleme und eine ähnliche Lebenssituation haben wie du. Es ist aktuell in Deutschland meist schwierig, dass sich diese Leute gegenseitig finden, weil es vielen so geht wie dir, dass sie Angst haben, sich zu outen. Hier sind aber ein paar Menschen und Organisationen, die ich finden konnte, die öffentlich über Leben als queere und trans Muslim*innen reden:

  • Ridvan Cavuş ist ein Stuttgarter Kommunikationsdesigner, der für seine Bachelor-Arbeit ein spannendes Projekt namens  „Fuck The Cis-Tem” über trans und queere Perspektiven von muslimischen Menschen gemacht hat.
  • Das Noon Festival ist ein Festival für und von queeren PoC und muslimischen queeren Menschen in Berlin, das letztes Jahr zum ersten Mal stattgefunden hat und eine regelmßige Veranstaltung werden soll.
  • GLADT ist eine Selbstorganisation von Schwarzen und of Color Lesben, Schwulen, Bisexuellen, Trans*, Inter* und Queeren Menschen in Berlin, die u.a. auch Beratung zum Thema Coming Out und Religion anbietet.
  • Hengameh Yaghoobifarah ist deutsch-iranisch und nichtbinär, schreibt Artikel zu Queerness, Intersektionalität, Fashion usw. z.B. in der taz und fürs Missy Magazin.
  • DEMASK_clgn ist ein queeres intersektionales Kollektiv, das Veranstaltungen von und für BI*POC in und um Köln organisiert

Update: Wir haben auf Instagram einen kleinen Aufruf gestartet und noch mehr Ansprechpartner*innen zum Thema queer_trans und muslimisch-Sein gefunden:

  • Hausoffani auf Instagram ist ein Kollektiv für Queer BiPoCs mit muslimischer Zugehörigkeit
  • chaidarbash hat sich als Gesprächspartner*in angeboten, ist gut mit Organisationen vernetzt und kümmert sich ab und zu um queere Jugendliche
  • Auch gozdetep kannst du auf Instagram anschreiben
  • Und yahya_chouchi hat sich als Ansprechpartner auf twitter angeboten
  • Die Fachstelle Zürich des Transgender-Networks Schweiz kann dir ggf. weiterhelfen: fachstelle-zh@tgns.ch

Ich hoffe, es hilft dir zumindest zu sehen, dass du nicht alleine bist, und kann vielleicht auch deinen Eltern helfen, falls oder wenn du dich bei ihnen outen möchtest. Wenn du wirklich gar keine Chance siehst, dass deine Eltern positiv auf dein Coming Out reagieren, kannst du evtl. auch warten, bis du volljährig bist, bevor du frei und unabhängig entscheiden kannst, wie deine Transition aussehen soll und wie du z.B. mit den Themen Hormone und Kopftuch umgehen möchtest.

Auf jeden Fall wünsche ich dir alles Gute und hoffe, du findest die Hilfe und Unterstützung, die du brauchst. Und wenn wir dir weiterhelfen können, kannst du uns gerne auch jederzeit wieder schreiben. <3

Liebe Grüße,
Balthazar