Christ*in sein und queer sein – Meine Realität

Dieser Blogartikel ist ein Gastbeitrag.

Mein Name ist Ama. Ich bin Schwarz, queer und Christin. In diesem Artikel geht es um meinen persönlichen Weg zur Akzeptanz meiner sexuellen Orientierung und meines Glaubens. Bitte beachte, dass das für mich ein sehr sensibles und persönliches Thema ist.

Ich freue mich, wenn du diesen Beitrag zu Ende liest.

Was ist denn überhaupt ein*e Christ*in? In der Bibel gibt es einige Verse zu diesem Thema. Es gibt aber keinen Vers in der Bibel der sagt: „Du bist Christ*in, wenn…“. Ich möchte dir dennoch ein paar Bibelverse vorstellen, die oft als Voraussetzungen für das Christ*in sein gelten und nicht viel Kontext benötigen.

Das erste Mal wird der Begriff Christ*in in der Bibel in Apostelgeschichte 11,26 verwendet:

„Er traf ihn und nahm ihn dann mit nach Antiochia zurück. Dort blieben die beiden ein ganzes Jahr lang in der Gemeinde, um viele Menschen im Glauben zu unterweisen. In Antiochia wurden die Jünger zum ersten Mal ‚Christen‘ genannt.“ (Apostelgeschichte Kapitel 11, Vers 26, Hoffnung für Alle)

Laut Apostelgeschichte 11,26 wurden die Jünger Christen genannt. Die Jünger waren 12 Freunde, Apostel und Nachfolger von Jesus, die ihr eigenes Leben geopfert haben, um Jesus auf Schritt und Tritt zu begleiten.

Römerbrief 8,14-15 erklärt, dass Christen*innen den Geist Gottes empfangen haben, der Christen*innen zu Kinder Gottes macht.

„14 Alle, die sich von Gottes Geist regieren lassen, sind Kinder Gottes. 15 Denn der Geist Gottes, den ihr empfangen habt, führt euch nicht in eine neue Sklaverei, in der ihr wieder Angst haben müsstet. Er hat euch vielmehr zu Gottes Söhnen und Töchtern gemacht. Jetzt können wir zu Gott kommen und zu ihm sagen: ‚Abba, lieber Vater!‘“ (Römerbrief Kapitel 8 Verse 14 bis 15, Hoffnung für Alle)

1 Johannes 4,10 spricht von der bedingungslosen Liebe, die Gott bereitstellt und die Opferung Jesu‘ für alle Sünden. Schlussfolgernd ist demnach Jesus der persönliche Erlöser für jede*n einzelne*n Christ*in.

„Das Einzigartige an dieser Liebe ist: Nicht wir haben Gott geliebt, sondern er hat uns seine Liebe geschenkt. Er gab uns seinen Sohn, der alle Sünden auf sich nahm und sie gesühnt hat.“ (1 Johannes Kapitel 4 Vers 10, Hoffnung für Alle)

Zusammenfassend ist Christ*in sein an die Voraussetzungen geknüpft, an Jesus als persönlichen Retter und Sohn Gottes zu glauben, Jesus‘ Beispiel zu folgen und an Gott, den Heiligen Geist und Jesus zu glauben[i].

Das ist natürlich keine umfassende Analyse der Bibel und der christlichen Glaubenslehre, aber gibt einen Rahmen für meine persönliche Vorstellung einer*s Christ*in auf Grundlage der Bibel. Das heißt, ich habe Jesus in mein Leben eingeladen um eine persönliche Beziehung zu ihm, Gott und dem Heiligen Geist aufzubauen.

Außerdem bin ich queer, Schwarz und Christin. Das alles ist kein Widerspruch und ich möchte dir von meinem persönlichen Weg zu dieser Erkenntnis berichten.

Ich hatte viele Tage, an denen ich mich nicht in meinen Communities akzeptiert und unterstützt gefühlt habe. In der Schwarzen Community fühlte ich mich nicht als cis Frau und noch weniger als queere Person wohl. Und in der christlichen Community konnte ich nicht als Schwarze Person und Frau aufblühen und noch weniger als queere cis Frau.

Die Kirche ist eine queerfeindliche Institution. Sie ist sexistisch, rassistisch, antifeministisch, transfeindlich und unterstützt patriarchalische Strukturen.

Die Kirche bildet misogyne Menschen aus und hat durch die Geschichte hinweg menschenfeindliche Praktiken durchgeführt.

Die Kirche sollte definitiv lautstark kritisiert werden.

Notgedrungenermaßen habe ich deshalb meinen eigenen Weg finden müssen. Ich habe mich mit meiner Definition von Gott und vom Christ*in sein tiefgreifend auseinandergesetzt. Ich habe viel mit Gott kommuniziert und verstanden, was Glaube für mich persönlich bedeutet, unabhängig von der Institution Kirche. Ich habe eine persönliche Beziehung zu Gott aufbauen können.

Dennoch hatte ich durch vorherige Erfahrung in Gemeinden mit internalisierter Queerfeindlichkeit zu kämpfen. Ich habe vor Gott geweint und um Hilfe geschrien. Ich habe Gott angebettelt, mich heterosexuell zu machen und habe mich nach Konversionstherapien umgesehen. Es hat mir niemand geholfen, denn ich wurde nicht ernst genommen, oder verurteilt. Stattdessen haben sich die Menschen von mir abgewendet. Ich habe keine Ruhe gehabt und war sehr verzweifelt. Als ich an meinem tiefsten Punkt angekommen bin, stellte ich fest, ich muss da raus.

Ich habe mich entschieden umzuziehen, mein gewohntes Umfeld zu verlassen und habe ein unterstützendes Umfeld gefunden. Es ist schade, dass ich mein Umfeld verlassen musste, um glücklich zu sein.

Ich wollte queerfeindliche Aussagen nicht mehr akzeptieren, vor allem im eigenen Haushalt. Ich wollte meine wertvolle Zeit nur noch den Menschen geben, die sie verdient haben. Ich habe eine queerfreundliche Gemeinde gefunden.

Es gibt leider nur ein paar queerfreundliche Gemeinden in der DACH Region (siehe: https://www.queergottesdienst.de/).

Dadurch hat sich vieles geändert. Ich habe angefangen, mich nicht nur so zu akzeptieren wie ich bin, sondern auch zu lieben. Ich habe angefangen, jede meiner Charaktereigenschaften kennenzulernen und zu mögen. Denn Gott hat mir gezeigt und gesagt, dass er mich liebt. Und das schlichtweg nur weil ich so bin, wie ich bin. Gott hat mir gezeigt, was bedingungslose Liebe bedeutet, und diese habe ich für mich entdeckt und internalisiert. Ich habe meine Queerness akzeptiert und lieben gelernt. Gott liebt mich und meine Queerness. Die Kirche würde mir da nicht so zustimmen, aber das ist mir egal.

Ich möchte nicht verheimlichen, wie steinig der Weg bis hierhin war. Mein Umfeld war nicht sehr unterstützend: Queer und Christ*in sein ist immer noch ein Tabu in vielen Gemeinden.

Es gibt noch viele Diskussionen, die in den jeweiligen Communities geführt werden müssen! Ich habe für mich gelernt, dass ich nicht in eine einzige Community passen muss. Ich möchte nur darstellen, dass im Hintergrund der Intersektionalität, Christ*in und queer sein möglich ist.

Bis ich mich so akzeptieren konnte, vergingen Jahre. Aber das ist okay. Denn ich habe meinen eigenen Weg gefunden, für mich selbst. Das heißt aber nicht, dass ich am Ende meiner (schmerzhaften) Reise bin.

 

 

[i] Laut der Trinitätslehre schließt der christliche Gott, den Gott-Vater, Gott-Sohn und den Heiligen Geist ein. Das heißt, Gott, Jesus und der Heilige Geist sind Eins. Nicht alle christlichen Gemeinden stimmen dem zu.