Enby Q&A: 6
Jeden Mittwoch veröffentlichen wir hier eine Frage und Antwort (“Q&A”) zu Nicht-Binären (“Enby”) Geschlechtern. Unser_e Gastautor_in ist Sasha. Es ist nichtbinär, das bedeutet, dass es weder männlich noch weiblich ist. Zu diesem Thema erreichen es immer wieder Fragen, die wir hier mitsamt den Antworten veröffentlichen dürfen. Sasha betreibt außerdem die Webseite https://geschlechtsneutral.wordpress.com
Frage:
Welche Anrede soll verwendet werden, wenn man dich anspricht? Und welches
Pronomen wenn man über dich spricht?
Antwort: Das ist eine sehr gute Frage!
Leider trauen sich viel zu wenig Leute, sie zu stellen, weil sie glauben dass
sie das Pronomen einer Person vom Aussehen ableiten können, oder dass sich die
bevorzugte Anrede automatisch aus dem Geschlecht ergibt.
Nachfragen ist immer besser, also Danke dass du das tust 🙂
Leider ist die Frage in meinem Fall auch etwas deprimierend, denn die deutsche Sprache ist nicht sehr freundlich zu nichtbinären Menschen.
– Anrede
Es gibt schlicht und einfach keine brauchbare.
Bestellformulare kennen meistens nur „Frau“
und „Herr“. Manchmal gibt es noch „Firma“ oder „Familie“, und manchmal kann ich
die Anrede leer lassen. Der Post ist das aber zum Glück egal, die stellt Post
auch zu, wenn die Anrede nicht zum Vornamen „passt“ oder gar keine Anrede
dasteht.
Ich lasse die Anrede in solchen Formularen am liebsten leer, nehme sonst Firma,
oder tippe im schlimmsten Fall zufällig irgendetwas.
Bei Emails und Briefen ist es schon
schwieriger, weil da noch eine Anredefloskel dazugehört. „Sehr geehrter
Mensch“? „Liebe Person“? Klingt seltsam.
Wenn diese Anredefloskel unbedingt sein muss, dann lässt sie sich zum Beispiel
entgendern, indem die Wortendung mit Sternchen * oder x ersetzt wird. Also
„Sehr geehrt* [Name]“ oder „Liebx [Name]“.
Etwas informeller geht „Guten Tag“ oder sogar „Guten Tag [Vorname][Nachname]“
sehr gut. So wurde ich auch schon öfter von Firmen und Behörden angeschrieben.
Für mich ganz persönlich ist es auch in Ordnung, die neutrale Form mit „-es“ zu verwenden. Also „Liebes Sasha“ und „Sehr geehrtes Sasha [Nachname]“. Mehr dazu unten bei Pronomen.
Wenn ich anderen Leuten vorgestellt werde braucht es manchmal auch Anredewörter. „Herr [Nachname]“ und „Frau [Nachname]“ lassen sich ebenfalls nicht geschlechtsneutral ausdrücken, und bevor ich einen Doktortitel habe wird es da wohl keine brauchbare Alternative geben. Also am besten auch leer lassen oder halt auf [Vorname][Nachname] ausweichen.
Auf Englisch gibt es mittlerweile neben Mrs. und Mr. auch Mx. Auch auf Deutsch gibt es viele Neuschöpfungen wie „Frann“, „Perx“ oder „Ind.“ Aber offiziell durchgesetzt hat sich davon bisher nichts.
– Pronomen
Hier gibt es immerhin auch auf Deutsch eine geschlechtsneutrale Variante,
nämlich das Pronomen „es“, das ich für mich bevorzuge.
Also „Das ist Sasha. Es schreibt gerade Texte für seine Webseite. Du kannst ihm einen Keks schenken, dann freut es sich.“
Vorteile dieses Pronomens sind, dass es
geschlechtsneutral ist, und dass wir alle schon wissen wie das Pronomen
funktioniert, weil wir es täglich benutzen.
Der Nachteil ist leider, dass dieses Pronomen eher mit Dingen assoziiert ist
als mit Personen. Auf viele Leute wirkt es deswegen entmenschlichend und
beleidigend, eine Person mit „es“ zu benennen. Deswegen solltest du auch auf
keinen Fall ungefragt dieses Pronomen für jemanden benutzen, sondern nur wenn
es ausdrücklich gewünscht ist!
Ein weiterer Nachteil ist, dass die deklinierten Formen von „es“ (es, es, ihm,
sein) sehr ähnlich sind wie die von „er“ (er, ihn, ihm, sein) und manchmal
verwechselt werden oder sich falsch anhören.
Auch hier: Dass ich als neutrois Person „es“ als Pronomen habe, bedeutet nicht, dass das für alle neutrois Menschen oder gar alle nichtbinären auch gilt!
Manche nichtbinären Leute benutzen lieber neue Pronomen wie „xier“ oder „hen“ oder „si_er“, oder einfach „sie“ oder „er“, oder verschiedene Pronomen im Wechsel. Manche möchten auch gar keine Pronomen für sich verwendet haben, sondern nur den Namen.