Enby Q&A 24

Willkommen zur zweiten „Staffel“ Enby Q&A. Wir veröffentlichen hier jeden Mittwoch eine Frage und Antwort (“Q&A”) zu Nicht-Binären (“Enby”) Geschlechtern. Unser_e Gastautor_in ist Sasha. Es ist nichtbinär, das bedeutet, dass es weder männlich noch weiblich ist. Zu diesem Thema erreichen es immer wieder Fragen, die wir hier mitsamt den Antworten veröffentlichen dürfen. Sasha betreibt außerdem die Webseite https://geschlechtsneutral.wordpress.com

 

Was denkst du von Artikeln, die über nichtbinäre Leute schreiben, eigentlich in einem positiven Licht, aber mit schlimmen Formulierungen? Ich finde es ja gut, dass es in einer Zeitung einen Artikel über eine genderfluide Bankperson gibt, und der Term auch so da drin steht, aber hört doch (zB) auf, den Passnamen zu benutzen. Ist dir das auch schon passiert? Wie gehst du damit um?

Ja, genau das! :/

Der Passname ist an sich kein Problem, bei vielen trans Menschen ist der korrekt. Wenn es aber der Deadname ist (also der Name, den eine trans Person abgelegt hat und nicht mehr benutzt), dann ist das scheisse und respektlos.

Ich hab grad letztens mit einer cis Person über so eine Doku gesprochen. Sie sagte „ich finde es schade, dass das trans Mädchen keine Fotos von sich von früher im Haus aufstellen möchte. Das ist als ob sie ihre Vergangenheit verleugnet. Ihr Vater leidet darunter auch. Er hat einen Sohn verloren und kommt damit schwer klar.“

Ich war wütend und enttäuscht, das zu hören. Diese Doku hat es offenbar total verpasst, respektvoll mit den Gefühlen von diesem trans Mädchen umzugehen, und setzt sie unter Druck.

Also habe ich versucht zu erklären: Ich persönlich habe kein Problem mit alten Fotos von mir. Das bin ich, ohne Wertung. Und vielen anderen trans Menschen geht das auch so.
Aber es klingt als würde der Vater aus der Doku in diesen Fotos einen Jungen sehen, den es nicht gibt. Statt dass er darin das Mädchen sieht, das bisher ignoriert wurde. Es tut weh, wenn Leute einen nicht als das sehen was man ist. Die Fotos sind eine ständige Erinnerung für das Mädchen, dass ihr Vater darin einen Jungen sieht, der sie nicht ist und nie war. Ist es nicht verständlich, dass sie diese schmerzhaften Erinnerungen nicht überall im Haus aufstellen will? Sondern lieber versuchen möchte, dass ihr Vater sie akzeptiert und respektiert wie sie tatsächlich ist?

Das konnte die Person nachvollziehen. Und diese Erklärung hätte auch die Doku schon machen können.
Stattdessen wird das gezeigt was spannend und unterhaltsam ist.

 

Mir ist auch schon öfter passiert dass ich in solchen Interviews und Berichten falsch zitiert oder mit ekligen Erklärungen ergänzt wurde.
Ich sage immer dazu, dass mir das Ergebnis bitte VOR der Veröffentlichung nochmal gezeigt werden soll, damit ich die Möglichkeit habe, eine Katastrophe zu verhindern und noch zu korrigieren. Aber oft ist es dann leiderleider doch schon im Druck, oder der Chef besteht auf dieser Formulierung und es lässt sich nix mehr machen. Tja.

Wenn es den Verantwortlichen nicht wichtig ist, hast du keine Chance.

Aber es gibt Positivbeispiele!

In einer Doku vom Schweizer Fernsehen über nichtbinäre Leute wurde zum Beispiel klar gesagt, dass es Szenen gibt in denen Leute misgendert wurden, und sie diese aber NICHT ausstrahlen! Ausserdem wurde gesagt, dass und warum die portraitierte Person keine Fragen zu OPs beantwortet.

Ich mag diese Lösung für Dokus auf Einsteige-Niveau, weil das Publikum von anderen Dokus her gewohnt ist, dass das gezeigt wird. Wenn es kommentarlos fehlt (also einfach niemand misgendered oder deadnamed wird), dann fällt UNS das zwar positiv auf, aber dem themenfremden Publikum fällt es nicht auf. Wenn es hingegen gezielt angesprochen und erklärt wird, dann können Leute auch verstehen was hinter sowas steht, und es auch selbst vermeiden.

Schöner wärs natürlich ohne, aber für Artikel / Dokus auf Einsteige-Niveau find ich das gut so.