Kummerkastenantwort 1.303: Wie bekomme ich meine Krankenkasse dazu, meine mastek zu übernehmen?

Hi,
Ich suche nach informationen zu den regelungen wann die Krankenkasse eine mastektomie übernimmt. Idealer weise würde ich keine weitere behandlung machen wollen (also keine Hormone oä). Ich bin ende 20 und habe gelernt mit meinem Körper und der Gesellschaft umzugehen. Gender ist bei mir als soziales konstrukt verankert und auch wenn ich es schrecklich finde als Frau gesehen und behandelt zu werden so sehe ich das mehr als gesellschaftliches denn als persönliches Problem und finde es auch nicht fair mich für andere anpassen zu müssen. Dafür kämpfe ich aber lieber gegen eine sexistische gesellschaft als mein erscheinungsbild zu ändern. Nur meine Brüste und meine Periode lösen in mir starke gefühle der lähmung und hoffnungslosigkeit aus unabhängig davon ob andere dies sehen oder nicht (sprich daGetrageGetrabindern etc. ändert nichts an dem problem). Ich brauche eine masektomie um ein glückliches leben zu führen. (Da wäre auch schon meine 2. Frage: kann ich eine masektomie als schönheitsOP vornehmen lassen? Das klingt zwar schrecklich da ich die Kosten noch lange absehbar nicht decken kann -ich lebe momentan auf 600,- im momat, minus studiengebühren miete essen krankenkasse,… bleibt da nichts über- wäre aber zumindest eine zukunftsaussicht..) alternativ biebe eine diagnose als trans. Bei meiner nachfrage bei der krankenkasse wann therapie übernommen wird habe ich schon gehört das dazu eine psychische krankheit vorliwgen muss. Ich bin zwar nicht depressiv, aber evtl. Kann meine gender disphoria so ausgelegt werden. Ich bin schon verschiedenen situationen begegnet wo eine offizielle diagnose einer psychischen erkrankung von nachteil gewesen wäre (adoption unserer katze, ehrenamtliche arbeit an der schule) aber im zweifel nenne ich mich lieber psychisch krank als so weiter leben zu müssen. Dabei frage ich mich ob ich dazu binär trans sein muss.. Der Gedanke dauerhaft Hormone einzunehmen macht mir große angst. Ich habe wiederholt versucht verschiedene variationen der pille zu nehmen (wurde mir immer wieder durch die gynokologen enpfohlen, aufgrund stanker menstruationsbeschwerden sowie zur verhütung) und musste es alle 3 mal abbrechen da ich mit mir in meinem geänderten Verhalten (ob nun psychologisch oder echt, ist aber ja auch eigentlich egal) nicht klar kahm. Der gedanke wieder Hormone einnehmen zu müssen (diesmal dann halt männliche) um eine masektomie erlaubt zu bekommen (soweit ich das herausgefunden habe muss man als binär trans 12monate t nehmen ehe man eine op haben kann) macht mir sehr angst. Auch fühle ich nicht die Notwendigkeit der übrigen veränderungen (wenngleich sie mir nicht als negativ erscheinen und wenn die optionen alles oder nichts sind preferabel erscheinen). Meine Frage ist ob man ggf. Als nichtbinär trans eine masektomie bekommen kann ohne hormone nehmen zu müssen? Giebt es da ggf. sogar schon gerichtsentscheidungen die ich mir ansehen kann?

Hallo du,

du sprichst hier ein komplexes Thema an, das eine Menge Haken hat – und leider können wir weder rechtliche, noch medizinische Beratung geben, dafür sind wir nicht ausgebildet. Ich will trotzdem versuchen, deine Frage so weit wie möglich zu beantworten – eher aus Erfahrungsberichten als aus tatsächlichen Richtlinien und Gesetzen gespeist.

Zuerst mal: Ja, du kannst als nichtbinäre Person eine Mastektomie von der Krankenkasse übernommen bekommen. Und nein, es ist dafür nicht notwendig, vorher Hormone zu nehmen.

Die Schwierigkeit

Leider heißt das nicht, dass es deshalb ganz unkompliziert ist – es kommt bei jedem Schritt darauf an, an welche Person du gerätst. Krankenkassen übernehmen grundsätzlich Leistungen, wenn du ‘krank’ bist und diese Leistungen dich (potentiell) ‘gesund’ machen – es gibt Ausnahmen zu dieser Regel, z.B. Leistungen für Schwangere oder Präventionsmaßnahmen, aber tja. Deshalb muss es immer noch irgendeine Diagnose geben, und das ist v.a. für trans Menschen, ob jetzt binäre oder nichtbinäre, ziemlich kacke. Es gibt auch einfach unter uns Leute, die sich dieser sogenannten Pathologisierung nicht aussetzen wollen und die deshalb keinen Zugang zu Maßnahmen wie OPs kriegen können. Wer sich aber dafür entscheidet, es zu versuchen, kann ganz unterschiedliche Erfahrungen machen – es kann super scheiße laufen, aber du kannst auch echt Glück haben. Über die Negativ-Fälle will ich hier nicht reden, darüber gibt es massig Berichte in Büchern, auf Youtube, in Blogs und auf Social Media.

Der Idealfall mit der Krankenkasse

Der Idealfall ist der: Du kommst an eine*n gute*n Psychotherapeut*in, dier eine gute trans Ally ist und dich unterstützen möchte. In der Therapie selbst kannst du über deine Belastungen mit dem Thema Dysphorie sprechen und vor allem Hilfe bei der Antragstellung und bei weiteren Formalia bekommen. Die Krankenkasse übernimmt diese Therapie – das tut sie grundsätzlich, egal, ob nun Transsein oder Dysphorie o.ä. als psychische Krankheit gewertet wird. In der Regel nach 12 Monaten kannst du einen Anlauf nehmen und bei deiner Krankenkasse einen Antrag auf Kostenübernahme einer Mastektomie stellen. Es kann kompliziert werden, eine zu beantragen, wenn vorher keine Hormontherapie stattgefunden hat, aber es ist möglich – Hormone sind von dir weder gewünscht noch medizinisch notwendig und die Krankenkassen sind dazu verpflichtet, keine überflüssigen Maßnahmen zu fordern und zu finanzieren.

Kosten selbst übernehmen

Du schreibst zwar, dass die Variante aktuell für dich nicht realistisch ist, aber ich möchte trotzdem kurz sagen: Ja, es ist auch möglich, die Kosten selbst zu tragen und sich den Weg über die Krankenkasse zu ersparen. Nicht alle Chirurg*innen machen das, dazu müsstest du entsprechend die einzelnen Kliniken anfragen, wie sie in diesem Fall vorgehen. Zahlen, die ich im Bezug auf Selbstzahlende schon gehört habe, lagen so zwischen 4.000-8.000 €.

Und nun?

Wie du vorgehen möchtest, kannst letztlich nur du selbst entscheiden. Es gibt kein Richtig oder Falsch und keine eine Lösung, die immer klappt. Es ist sicher hilfreich, wenn du mit anderen trans und nichtbinären Menschen sprichst, die Erfahrungen mit Mastektomien haben. Möglich ist es auch immer, auf youtube, in Blogs und auf Social Media nach Erfahrungsberichten zu suchen. So bekommst du mehr einen Eindruck davon, wie das im Einzelnen ablaufen kann. Wenn du dich entscheidest, den Weg über die Kostenübernahme inklusive Therapie zu gehen, dann kann es hilfreich sein, eine*n Ärzt*in zu finden, der schon vorher trans und v.a. nichtbinären Menschen geholfen hat. Hast du vor Ort oder in der Nähe eine trans/nichtbinäre Beratungsstelle, Selbsthilfegruppe, Stammtische, etc.? Dann kann es sich lohnen dort anzufragen, ob die Therapeut*innen empfehlen können; alternativ bietet auch diese Webseite eine unvollständige Liste möglicher Therapieplätze. Und zuletzt möchte ich noch sagen, dass eine “Diagnose” für z.B. Gender-Dysphorie zumindest größtenteils gesellschaftlich nicht wie eine psychische Krankheit gewertet wird.

Ich hoffe, das hilft dir zumindest ein wenig weiter. Ich wünsche dir alles Gute!

Viele Grüße,
Balthazar

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