Kummerkastenantwort 4.775: Ich zweifle daran, ob eine Transition für mich der richtige Weg ist

Moin.



Ich weiß/vermute seit ca. 7 Jahren, dass ich nicht cis bin. Ich hab mich in dieser Zeit in einigen (queeren) Kontexten und bei Freund*innen geoutet, Äußerlichkeiten im Rahmen des Möglichen so angepasst, dass ich mich relativ wohl damit fühle, etc.



Jetzt bin ich volljährig, ziehe dieses Jahr von Zuhause aus, und kann mich dadurch in mehr Kontexten (Familie & Uni) outen

und auch vielleicht medizinische Schritte anfangen.

Das ist eigentlich echt cool & freut mich.



Ich hab aber zur Zeit (wieder) massive Zweifel, ob das der richtige „Weg“ für mich ist, ob ich wirklich trans bin, teilweise bis an den Punkt, an dem ich überlege zB outings wieder rückgängig zu machen, mich wieder mit alten Namen + Pronomen ansprechen zu lassen etc. und die ganze Transitionssache „einfach“ sein zu lassen.

Nicht, weil bisherige Schritte falsch waren (glaube ich) oder aus anderen guten Gründen, mein Gehirn gibt mir diesen Gedanken irgendwie einfach so und ich verstehe nicht, warum.



Ich mache mir aktuell so viele (negative) Gedanken, dass ich nicht mehr wirklich durchblicke, was realistische Zweifel und was einfach nur sehr, sehr viel angestaute Angst ist.

Diese Gedankenspiralen verbauen mir gefühlt auch irgendwie den Zugang zu meinen Gefühlen (die ich bisher als relativ gute Wegweiser für die Transition erlebt habe). Es ist so viel Ballast da, dass es mir schwer fällt zu erkennen, was & wohin ich eigentlich möchte.



Ich fange im Herbst Therapie für diese Geschlechtersachen an, aber das ist noch ne relativ lange Wartezeit,

ich wollte daher fragen:

(Wie) kann ich mit solchen Gedanken umgehen und das ganze weniger zerdenken?

Kennt da vielleicht jemand von euch Strategien (oder hat ähnliche Erfahrungen gemacht)?



Oder sind starke Zweifel tatsächlich ein Zeichen dafür, dass ich nicht transitionieren (oder quasi detransitionieren) sollte, obwohl sich bisherige Schritte eigentlich gut angefühlt haben?



Danke und freundliche Grüße, bitte entschuldigt die Länge ✨

Hi, ich habe eben schon eine Frage eingeschickt, das hier ist kind of eine Anschlussfrage daran.



Ich hab relativ belastende Zweifel an meinem trans sein und weiterer Transition,

und in dem Rahmen teilweise den Gedanken, dass ich mir einfach nur mehr Mühe geben muss, als mein zugewiesenes Geschlecht zu leben, dass ich nur richtig dazu committen muss und dass das trans sein dann auch wieder weggeht.



Funktioniert das?



(ich glaub ich kenne die Antwort schon, aber idk. Ich hab irgendwie „Schuldgefühle“, weil ich

das mit dem cis sein noch nie _so richtig_ versucht hab.)



Liebe Grüße und danke nochmals

Hallo!

Angst und tatsächliche Zweifel auseinander zu sortieren kann sehr, sehr anstrengend und schwierig sein. Oft dauert es auch einfach eine geraume Zeit, bis man zu einer gewissen Klarheit kommt und manchmal sind Phasen dazwischen, wo so viel los ist, dass man einfach keine Kapazitäten hat, auch noch über das eigene Geschlecht richtig nachzudenken. Wenn du gerade im Begriff bist, auszuziehen und einen neuen Lebensabschnitt anzufangen, kann ich mir gut vorstellen, dass bei dir einfach emotional sehr viel los ist.

Vielleicht ist es sinnvoll, die Frage nach deinem Geschlecht so gut es geht zu „pausieren“, bis du mit deiner Therapie anfangen kannst. Das bedeutet ganz konkret: lenk dich ab, versuch, viel zu unternehmen, wenn du alleine bist und merkst, deine Gedanken fangen an zu kreisen dann versuch, deinen Geist mit etwas anderem zu beschäftigen. Es ist vollkommen okay, für so große Fragen gerade „keine Zeit“ zu haben. Aufgeschoben ist nicht aufgehoben. Egal was du am Ende entscheidest – jetzt gerade ist vielleiht nicht der Zeitpunkt, überhaupt zu entscheiden, und das kann auch in Ordnung sein. Was für Ablenkung bei dir am besten funktioniert, weißt du vermutlich selbst am Besten. Mir hat es geholfen, mich mit meinem Haustier zu beschäftigen, mit Freund*innen Videospiele zu spielen, und zu lesen.

Geschlecht ist aber eigentlich keine Sache, bei der man sich „mehr Mühe“ geben kann. Das ist einfach nicht, wie cis sein funktioniert – wenn es darauf hinaus läuft, dass du dich unter Druck setzen musst, um cis zu sein, ist das schon ein Indikator, dass du vielleicht nicht cis bist.

Ich wünsche dir viel Kraft und Ruhe für die nächste Zeit,
Elias

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