Trans Kids Deserve Better: Mehr Protest in England

Von unserer Blogleitung Xenia.

Im Juli kletterten trans Jugendliche auf das Hauptgebäude des NHS in England, um für ihre Rechte und ihre Gesundheitsversorgung zu demonstrieren.

Die Geschichte hat nun eine Fortsetzung.

Was hat sich politisch dort seither getan?

Nichts Gutes und davon ziemlich viel:

  • der High Court hat bestätigt, dass das Gesundheitsministerium tatsächlich durch Verordnung trans Personen von der Gesundheitsversorgung ausschließen kann.
  • die amtierende Regierung hat diesen Bann verlängert.
  • aber immerhin gabs zur Entscheidung des Gesundheitsministeriums eine Liste mit Telefonhotlines für Personen in psychischen Krisen

Das ist bisschen zynisch und erdrückend und gar nicht mal wünschenswert. Aber immerhin hat JKR zwei Wochen mal nicht getwittert. Es sind die kleinen Dinge.

Wie haben sich die Proteste entwickelt?

Die jugendlichen trans Personen kamen nach über einer Woche wieder vom Gebäude hinunter und wurden da von einer Gruppe von über 300 unterstützenden Personen empfangen.

Seit dem 23. August gibt es neue Proteste von der Organisation trans kids deserve better (“trans Kinder verdienen Besseres”). Protestiert wird am Bildungsministerium in Westminster, aber auch in Belfast und in Dublin. Das große Thema ist sichere und inklusive Bildung und die Rechte von trans Jugendlichen und Erwachsenen allgemein.

Für einen direkten Eindruck vom Protest zeigen wir hier Übersetzungen der Äußerungen der Initiator*innen.

Mit den Worten von einer der Initiator*innen: “Es geht um unsere Leben und unsere Bildung und wir müssen das ärgerlicherweise selbst in die Hand nehmen, um Politiker*innen und Entscheidungsträger*innen zu erinnern, dass wir echte Kinder sind und dass wir Sicherheit, Respekt und Repräsentation in der Schule verdienen.”

Oder konkreter und direkter: “Ich bin hier draußen, weil ich will, dass Schule sicher ist. Ich möchte nicht von meinen Lehrkräften geoutet werden, ich möchte, dass mein Name respektiert wird und ich möchte, dass keine weitere junge trans Person in der Schule das erleben muss, was ich erlebt habe. Ich möchte, dass das einfach aufhört, weil das alles heftige Gewalterfahrungen sind, die beendet werden müssen.”

Was tun?

Auch dazu gibt es ein Zitat: “Wir brauchen keine Sympathie, wir brauchen Unterstützung!” Quelle?

Jess O’Thomson, Journalist*in zu trans Themen und Rechtswissenschaftler*in fasst das so zusammen: “Wir müssen Gemeinschaft aufbauen. Indem wir Orte und Bewegungen in der Gemeinschaft schaffen und finden, machen wir uns alle stärker. Wir müssen auch für trans Jugendliche sichtbar werden – das macht einen großen Unterschied, wenn Politiker*innen feststellen, wie viel Unterstützung für trans Jugendliche vorhanden ist.” Quelle?

Wir werden vermutlich alle nicht nach England fahren und die Proteste vor Ort unterstützen (können). Das ist okay, aber wir können wissen, worum dort gekämpft wird und werden muss. Wir können auch schauen, wofür trans Kinder in Deutschland kämpfen müssen, wo ihnen Unterstützung und Versorgung fehlt und ihren Protest hier hören und verstärken. Die Kernanliegen, die trans kids deserve better benennt, gelten über Grenzen und aktuelle politische Problematik hinaus. Das hier sind die Kernanliegen auf deutsch:

  1. Gesundheitsversorgung: Wir verdienen Zugang zu geschlechts­bestätigender Gesundheits­versorgung. Versorgung für eine trans Person zu verzögern ist das gleiche, wie ihr Versorgung zu verweigern. Wir haben keine Zeit zu warten. Zusätzlich: wir sollten die Möglichkeit haben, informierte Einwilligung zu unserer eigenen Behandlung zu geben — genau so wie cisgeschlechtliche junge Personen das bereis können.
  2. Würde. Wir verdienen es, in allen Bereichen unseres Lebens mit Respekt behandelt zu werden. Wir sind menschliche Wesen, und wir sollten dauerhaft vor Misgendering und Deadnaming geschützt sein.
  3. Stimme. Wir verdienen es, in allen Belangen gehört zu werden, die unsere Leben betreffen. Wir sollten nicht als politische Bauernopfer benutzt werden und wir dürfen nicht zu einem Spektakel gemacht werden, von dem Politik oder Presse profitieren.

Informierte Einwilligung oder manchmal auch nicht übersetzt als “informed consent” ist ein Prinzip bei medizinischen Behandlungen, das den Willen der behandelten Person in den Mittelpunkt stellt. Mediziner*innen stellen alle notwendigen Informationen bereit und klären über Verfahren, Risiken und Alternativen auf. Die Entscheidung, was davon gemacht werden soll, obliegt aber ausdrücklich nicht dem Fachpersonal sondern der betreffenden Person.

Auch in Deutschland gibt es bislang keine Möglichkeit für trans Jugendliche in informiertem Konsens der eigenen Behandlung zuzustimmen, Schutz vor Deadnaming und Misgendering besteht nur sehr lückenhaft und wenn dann auch erst nach amtlicher Änderung.

Hier in Deutschland wie dort in UK gibt es also noch viel zuzuhören und viel zu tun. Es wäre aber alles viel ernüchtender und viel ermüdernder und viel trister, würde sich dieser Protest nicht regen. Ich bin weiterhin dankbar, dass es diesen Protest gibt, aber umso unglücklicher drüber, dass es ihn geben muss.

Belege

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