Kummerkastenantwort 5.336: Ich glaube, ich bin genderfluid

Hallo 🙂

Ich, (15, afab), zweifele seit einiger fast einem halbem Jahr an meinem Geschlecht, und bin mir seit circa 3 Monaten mehr oder weniger sicher, genderfluid zu sein. Mein Geschlecht scheint sich von Tag zu Tag zu verändern und ich scheine kreuz und quer durch das Spektrum zu fliegen.

Manchmal schaue ich in den Spiegel, und denke: das passt einfach nicht. Das bin nicht ich. Ich fühle mich in meinem Körper gefangen, weil es falsch ist, und ich weiß, dass mich alle als Mädchen sehen werden. Und an anderen Tagen ist es mir gleichgültig, oder ich bin ein Mädchen, oder spüre zumindest eine Verbindung dazu

Manchmal bin ich sehr überfordert und habe viele Fragen: wie kann es sein, dass es mir nicht früher aufgefallen ist? Bilde ich es mir vielleicht nur ein? An manchen Tagen weiß ich überhaupt nicht, was ich bin – kann das überhaupt sein?

Auch zu meinem Namen und Pronomen habe ich viele Zweifel – ich mag meinen Namen grundsätzlich, aber oft fühlt es sich wie eine Lüge an, wenn ich mich mit ihm vorstelle. Am liebsten hätte ich einen genderneutralen Namen, aber wie weiß ich welcher richtig ist? Und ist es nicht einfach umständlich für die Leute um mich herum, ihn zu verändern, gerade wo ich meistens damit leben kann? Das gleiche gilt für die Pronomen. Grundsätzlich habe ich mit sie/ihr Pronomen kein großes Problem, aber an Tagen, an denen ich ein Juge/Non binary/irgendwas dazwischen bin, will ich auch so wahrgenommen werden! Ich sollte wahrscheinlich erwähnen, dass ich noch nicht geortet bin – eine weitete große Sorge die ich habe. Ich habe Angst, dass das ständige Verändern meines Geschlechts zu verwirrend für die um mich herum sein würde – die Hälfte der Zeit verstehe ich es ja nicht mal selbst!

Sorry für die vielen Fragen, und vielen, vielen Dank für eure unglaublich tolle Arbeit!

Liebe Grüße

Jemand/Niemand

Hej Jemand/Niemand,

bitte entschuldige, dass du so lange auf eine Antwort von uns warten musstest.

Gerade genderfluid sein kann noch verwirrender sein als queer sein eh schon ist, weil es in sich eben ständig wechselt. Es ist also (sowieso) völlig okay, dass dich das verunsichert und du manchmal überfordert damit bist. 

Ich kenne das gut, an manchen Tagen nicht zu wissen, wer oder was ich selbst bin. Mittlerweile kann ich das dann einfach als das akzeptieren, aber das brauchte auch Übung. An manchen Tagen weiß ich es einfach nicht und das ist okay und das ist für alle okay, denen es so geht. Genauso ist es okay, dass es dir nicht früher aufgefallen ist. Kinder dürfen häufig noch eher einfach Kind sein, in der Pubertät, wo dann auch körperliche Veränderungen eintreten, kommt es in der Außenwirkung zu deutlich mehr Beurteilung. Das kann ein inneres Hinterfragen eröffnen, ob diese Außenwahrnehmung eigentlich stimmt oder nicht. Ganz abgesehen davon kann es auch sein, dass die Wechsel früher langsamer waren oder weniger auffällig – und das kann auch später wieder so werden. Fluid eben.

Den richtigen Namen finden kann ein großes Abenteuer sein. Manche beziehen ihre Eltern oder Freund*innen ein, andere durchforsten Listen im Internet (z.B. diese hier: neutrale Namen). Ich z.B. habe einfach eine Vokabel aus dem Finnischen genommen und dann festgestellt, dass es eh auch ein genderneutraler Name ist. Damit habe ich mich vor den Spiegel gestellt und mir den Namen ins Gesicht gesagt und ihn dann total gefühlt – und jetzt ist es mein Name. Du kannst nach deinem Comingout auch Freund*innen bitten, dass sie Namen für dich ausprobieren, dich also nacheinander mit unterschiedlichen Namen ansprechen und du kannst schauen, was dir am besten gefällt. Das gleiche natürlich mit Pronomen. Dafür gibt es übrigens auch Buttons, da könntest du jeden Tag die passenden anstecken. 

Für dein Comingout empfehle ich dir außerdem gerne noch unsere Comingout-Broschüre. Und in ein paar Wochen veröffentlichen wir einen Blogpost zu den Erfahrungen von genderfluiden Menschen, vielleicht sind da auch hilfreiche Stimmen für dich dabei?

Liebe Grüße
Valo

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