Kummerkastenantwort 374: Ich will mich als trans outen – aber wie?
Hallo,
Ich schreibe hier, weil ich transident bin und mich gerne outen würde, weil es mich irgendwie immer mehr kaputtmacht, wenn ich ein Mädchen genannt werde. Ich würde meinen Eltern einen Brief schreiben, in dem das steht und dass ich mich freuen würde, wenn ich einen männlichen Namen bekommen würde (da habe ich schon einen, aber ich denke eher nicht, dass er meinen Eltern so gefällt), männliche Pronomen benutzt werden würden und wenn ich einfach offen als Junge leben darf (und dass das keine Phase ist, weil ich mich schon immer anders gefühlt habe und jetzt schon seit 2 Jahren weiß, dass ich trans* bin [ich bin jetzt 14 Jahre alt]) Ich würde ihnen auch Videos und Internetseiten zu dem Thema dazuschreiben, die ich ganz hilfreich finde und wo sie sich schon mal ein bisschen informieren könnten. Ich würde ihnen den Brief in einer ruhigen Zeit ohne meinen Bruder geben (ich finde, er hat sollte da nicht da sein, er würde das auch gar nicht ernst nehmen) und sagen, dass ich ihnen etwas sagen muss und das in dem Brief steht und sie sollen sich Zeit nehmen, den Brief zu lesen und das zu verarbeiten und dann mit mir darüber reden. Ich hoffe, dass sie das akzeptieren und mich unterstützen. Ich wäre viel glücklicher; und ich weiß, als angesehenes Mädchen kann ich nicht glücklich werden. Ich habe schon Angst, weil mein Vater und mein Bruder machen eher so abwertende Kommentare über LGBT+ und meine Mutter hinterfragt immer alles kritisch.
Wenn sie mich unterstützen würden, wie sollten wir vorgehen? Sollte man sich zuerst einen Therapeuten suchen, der sich das dann anschaut und Gutachten schreibt oder wie sieht das aus? Und könnte man direkt zur Schule sagen, dass ich transident bin und jetzt als Junge gesehen und angesprochen werden möchte? Wie könnte man allgemein ein Coming-Out bei anderen Verwandten, Freunden oder in der Schule machen?
Danke schon einmal im Voraus für die Antworten!
Hallo du,
es klingt für mich so, als hättest du dir schon ganz viele Gedanken zum Thema Coming Out gemacht. Es ist gut, dass du dir so genau überlegt hast, was du möchtest und wie du das Thema mit deinen Eltern ansprechen willst. Ein Brief ist sicher eine gute Möglichkeit, um das Thema Transidentität mit ein bisschen Abstand anzusprechen und deinen Eltern die Gelegenheit zu geben, sich in Ruhe damit vertraut zu machen. Ich finde es auch super, dass du ihnen auch Links zu Videos und Internetseiten geben möchtest, damit sie sich weiter informieren können!
Therapie?
Wie es dann weitergeht (ganz unabhängig davon, wie deine Eltern reagieren), bleibt ganz dir überlassen. Es kann auf jeden Fall nicht schaden, wenn du dir weitere Menschen suchst, die dich unterstützen können. Das können z.B. Freund*innen und andere Verwandte sein, aber auch z.B. Therapeut*innen. Klar ist eine Therapie vor allem dann notwendig, wenn du z.B. eine Hormontherapie oder später mal auch Operationen machen möchtest – aber auch so kann eine Therapie sinnvoll sein. Coming Out als trans kann mitunter schwierig sein und dann kann es helfen, eine Therapie zu haben, um über Sorgen und Probleme reden zu können und zu lernen, mit Schwierigkeiten umzugehen.
Coming Out bei Freund*innen und Verwandtschaft
Therapie muss aber nicht unbedingt der erste Schritt sein – es kann auch schon super sein, wenn du andere Leute in deinem Leben hast, die dich unterstützen. Ein Coming Out vor Freund*innen kann so laufen, wie du es gerne möchtest – so, wie du das Coming Out bei deinen Eltern geplant hast, so kannst du dir auch überlegen, wie du dich in deinem Freundeskreis am wohlsten fühlen würdest. Möchtest du das auch gern schriftlich machen, vielleicht in einem Gruppenchat oder mit kleinen Briefen für alle? Möchtest du es den Leuten lieber gern persönlich sagen? Willst du es lieber allen auf einmal sagen, oder lieber erst nur ein oder zwei Leuten? All das bleibt ganz dir überlassen. Das gleiche gilt auch für ein Coming Out bei deiner Verwandschaft. Wenn deine Eltern dich unterstützen wollen, kann es gerade bei der Verwandtschaft auch helfen, wenn deine Eltern mit dabei sind beim Coming Out, oder das vllt. teilweise für dich übernehmen können (wenn du das möchtest).
Coming Out in der Schule
Was ein Coming Out in der Schule betrifft: In allen Bundesländern in Deutschland gibt es Schulen, die eine Namensänderung und einen Pronomenwechsel schon mitmachen, bevor du amtlich deinen Namen und Personenstand ändern lassen hast. Das heißt, trans Menschen können in der Schule schon richtig angesprochen werden, egal, was auf ihrem Ausweis oder ihrer Geburtsurkunde steht. Am Besten suchst du dir da mal eine Ansprechperson an deiner Schule, z.B. Klassenlehrer*innen, Vertrauenslehrer*innen oder Schulpsycholog*innen (falls ihr sowas habt). Diese Person kann dir dann helfen, dein Coming Out z.B. vor deiner Schulklasse vorzubereiten und mit dir darüber zu sprechen, wie du weiter vorgehen möchtest.
Ich hoffe, das konnte dir alles ein bisschen helfen. Für dein bevorstehendes Coming Out wünsche ich dir alles Gute und hoffe, dass es so gut wie möglich läuft.
Viele liebe Grüße,
Balthazar