Kummerkastenantwort 431 – Ich bin in eine ältere Frau verliebt und es ist verwirrend
Liebes Queer-Lexikon-Team,
erst einmal möchte ich sagen, dass ich eure Arbeit ganz toll finde und die Seite sehr interessant. Leider bin ich aber immer noch ratlos, wie ich mich einordnen soll.
Ich bin 25 Jahre alt, weiblich, und hatte noch nie eine Beziehung. Ich war auch noch nie verliebt in der Art, dass es auf eine Beziehung hätte hinauslaufen können. Ich habe ein paar Jungs gedatet und mich mit einigen auch gut verstanden, aber sobald es ernster wurde oder sie zu flirten anfingen, hat es sich für mich angefühlt wie eine Bedrohung und ich wollte es absolut nicht. Oft fällt es mir leichter, mich mit Jungen zu unterhalten, wenn ich weiß, dass sie schon vergeben sind und von ihnen keine „Gefahr“ ausgeht. Vor allem der Gedanke an körperliche Intimität löst Angst in mir aus und ich kann mir das absolut nicht vorstellen. Ich vermisse auch im Grunde nichts in meinem Leben, keinen Sex, keine Partnerschaft, ich bin gerne Single und bin auch gerne für mich, ich gehe in meinem Job auf. Nur wenn ich mir so anschaue, wo meine Freund*innen gerade so im Leben stehen, kommen Zweifel in mir auf, ob das so normal ist oder ob was bei mir schief läuft.
Vor fast zwei Jahren habe ich, und ich würde das schon so sagen, „verliebt“. Und zwar in eine 36 Jahre alte Frau. Ich habe ein Praktikum im Ausland gemacht und sie war meine Mentorin. Ich fand sie vom ersten Augenblick an umwerfend, alles an ihr, ihre Stimme, ihren Stil, ihre Gesichtsausdrücke, ihre Art, einfach die gesamte Ausstrahlung. Auch hier war es allerdings nicht so, dass ich sagen würde, mit dieser Frau würde ich gerne zusammen sein (sie ist auch übrigens schon verheiratet mit einem Mann), sondern ich habe es ehrlich gesagt genossen, „ihr Mädchen“ zu sein, um das sie sich kümmert (vielleicht liegt es daran, dass ich als Jugendliche und junge Erwachsene psychische Probleme wie Depressionen hatte und mich oft allein gelassen gefühlt habe, keine Ahnung). Als ich weggehen musste und sie eine neue Praktikantin bekommen hat, war ich auf die zum Beispiel furchtbar eifersüchtig, aber nicht auf ihren Mann, der macht mir gar nichts aus.
Meine Mentorin mochte mich auch und hat sich um mich bemüht. Allerdings war es nie ein lockeres Verhältnis, weil ich immer sehr nervös war und ich glaube, das hat sie auch gemerkt. Ich habe ihr zum Abschied auch einen sehr emotionalen Brief geschrieben, auf den sie auch sehr lieb geantwortet hat. Der Abschied ist jetzt mehr als ein Jahr her, eine Zeitlang hatte ich das Gefühl, sie hält mich auf Abstand und hat auch nicht auf meine Nachrichten geantwortet (worunter ich auch gelitten habe, aber ich habe mich dann natürlich auch zurückgehalten) und strebt jetzt auch kein Wiedersehen an, lässt jetzt aber ab und zu was Nettes von sich hören.Meine Freund*innen versuchen oft, mich zu verkuppeln und ich habe jetzt sogar mal eine Dating-Plattform ausprobiert, aber es stößt mich total ab. Ich kann aber noch nicht einmal sagen, dass ich gar nicht auf Männer stehe, denn auf Frauen war ich ja auch noch nie in dem Sinne gestanden, dass ich mir eine Liebesbeziehung mit ihr gewünscht hätte. Übrigens war es so, dass ich es immer schön fand, meine Mentorin zu umarmen, und mir das noch öfter vorstelle (oder auch ihre Hand zu halten), aber tatsächlich nicht mehr.
Ich denke immer noch sehr viel an sie und weiß nicht, wie ich die Gefühle einordnen soll. Bestimmt wird es mir eher als Mutterfigur ausgelegt, aber ich glaube schon, dass es mehr ist, denn ich bin jedes Mal aufgeregt, eine Nachricht von ihr zu bekommen oder ein Bild zu sehen. In meinem Job versuche ich manchmal, so zu sein wie sie. Ein T-Shirt von ihr habe ich mir nachdrucken lassen. Ihren Namen habe ich als Computer-Passwort. Was man halt so macht… es muss wohl irgendwo zwischen Vorbild, Schwarm und Bezugsperson sein.
Ich frage mich auch nicht nur, was das jetzt mit ihr ist, sondern wie es mit mir weitergehen soll. Ich habe mich vor einigen Jahren auch schon mal in eine ältere Frau verlieht, nach ähnlichem Muster, damals war es in meine Sporttrainerin. Ich fühle mich so unreif, wie ich auf dieser Ebene der Schwärmereien stecken bleibe. Aber etwas anderes kann ich mir im Moment nicht vorstellen.
Ich hoffe, ihr könnt mir vielleicht Anhaltspunkte geben, diese Situation zu analysieren. Ich danke euch von Herzen, dass ihr die lange Nachricht gelesen habt.
Hallo lieb* Unbekannte*r,
Ich kann gut verstehen, dass das für dich eine verwirrende Situation ist und auch dass Gedanken, wie du sie dir machst, nageliegend sind.
Allerdings bieten wir keine psychologische oder psychoanalytische Beratung an – das scheint dich aber zu interessieren. D.h.: Wenn du mit einer professionell ausgebildeten Person deine Gedanken und Gefühle interpretieren möchtest, kann dir ein*e Therpeut*in helfen.
Ansonsten klingt es für mich so, als könntest du vielleicht auf dem asexuellen und aromantischen Spektrum sein – vielleicht findest du ja hier, hier, hier oder hier Begriffe, die dich beschreiben?
Ich wünsche dir alles Gute – und möchte noch sagen: Du bist gut, so wie du bist!
Liebe Grüße,
Annika
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