Kummerkastenantwort 1.010: Wie kann ich mir über mein Geschlecht sicher sein?
Hey liebes QueerLexikon,
Erst einmal vielen Dank dass es euch, eure Internetseite und euren Regenbogenchat gibt.
Ich bin 14 Jahre jung und wurde in einem weiblichen Körper geboren. Seit etwa 2 Jahren hinterfrage ich mein Gender und seit etwa einem Jahr auch meine Orientierung (sexuell und romantisch). Ich dachte bis vor kurzem immer dass ich vielleicht trans* bin, doch seit kurzer Zeit bin ich mir nicht mehr so sicher. Wie kann ich mir sicher sein, welches Gender ich habe?
Ich hatte mir schon einen Jungsname überlegt (Liam), bin mir aber nicht sicher ob es der richtige ist. Wie weiß ich ob es der richtige Name ist?
Ich bin auch schon bei ein paar Leuten geoutet (2 Lehrer*innen, Schulsozialarbeiter*in, bei meinen Eltern, 1 Freund*in und im Chat). Eigentlich haben alle relativ gut reagiert. Außer meinen Eltern. Sie reden es klein und wollen es irgendwie nicht wahrhaben und versuchen es mir auszureden. Ich habe sie gefragt ob ich mir einen Binder bestellen kann, weil ich es noch nicht kann ohne dass sie es mitbekommen würden. Sie sagten nein, wegen den gesundheitlichen Risiken. Gibt es nicht vielleicht doch noch eine Möglichkeit, wie ich meine Eltern überreden kann? Weil ohne Binder fühle ich mich extrem unwohl, was meine Eltern leider nicht nachvollziehen können.
Sorry dass der Text so durcheinander ist
Liam.
Hallo Liam,
schön, von dir zu lesen!
Tja, das mit dem sicher-sein ist eine sehr komplizierte Sache. Erstens kann dir niemand anders sagen, wie du dir Sicherheit über dein Gender und deinen Namen verschaffen kannst und möglicherweise kann eins nie ganz sicher sein, weil Zweifel ganz normal sind und einfach ab und zu mal kommen.
Vielleicht versucht du mal für dich zu beantworten, was genau dich unsicher macht. Das können ja auch Reaktionen von außen sein oder das Gefühl, dass ein bestimmtes Label nicht ganz genau passt. Falls das der Fall ist würde ich sagen, dass du selber letztendlich ziemlich genau weißt, wie du fühlst und wer du bist und das Label das nicht immer hundertpozentig beschreiben können. Vielleicht kannst du Begriffe auch eher als eine Orientierung sehen.
Die Sorge, dass eins sich nicht den “richtigen” Namen ausgesucht hat, kenne ich von sehr vielen Menschen. Das ist total normal, wenn eins sich aus all den Namen die es gibt einen für sich aussuchen soll. Was für ein Druck! Aber genauso wie ein Label darfst du auch irgendwann einen anderen Namen für dich wählen, wenn sich das besser anfühlt. Um dir sicherer zu werden könntest du auch mal rumprobieren und Menschen denen du vertraust (wie einer deiner Freund*innen) bitten, mal für eine Zeit lang einen anderen Namen zu benutzen.
Abschließend wollte ich noch ein paar Dinge zum Thema Binder sagen: deiner Eltern können dir in der Theorie natürlich nicht verbieten, einen Binder zu tragen. Praktisch bist du aber auf sie angewiesen, weil sie den bestellen müssten. Evtl. gibt es andere Menschen die du kennst, die das Bestellen für dich übernehmen könnten. Ansonsten macht es auf jeden Fall auch Sinn, mit deinen Eltern noch mal ins Gespräch zu gehen und ihnen zu erklären, dass beim richtigen Tragen eines Binders keine gesndheitlichen Schäden zu befürchten sind. Du kannst dazu z.B. unsere Binder-Broschüre nutzen, in der genau erklärt wird, wie eins einen Binder (nicht) trägt. So kannst du deinen Eltern zeigen dass du bestens informiert bist! Auch hier kann es Sinn machen, sich von Menschen in deinem Umfeld, z.B. Lehrer*innen, denen du vertraust, Unterstützung zu holen für ein solches Gespräch.
Ich wünsche dir alles gute für weitere Gespräche und hoffe du findest ein bisschen mehr von der Sicherheit, die du suchst!
Viele Grüße,
Rabia