Kummerkastenantwort 1.136: Ich bin transfeminin.

Hallo liebes Queer-Lexikon-Team!
Ich möchte mich erstmal bei euch für eure Arbeit hier bedanken. Es hat mir etwas weitergeholfen. Ich möchte euch auch hier gleich vorwarnen, der Text könnte etwas länger werden, weil ich von mir erzählen möchte.
Nun zu mir. Ich, biologisch männlich und 24 Jahre jung, bin mir seit ca. zwei Wochen bewusst geworden, dass ich trans* bin. Genauer gesagt transfeminin. „Anders“ gefühlt habe ich mich aber schon seit der Grundschulzeit, in der ich erkannt habe, dass ich mich anders verhalte als andere Jungs in dem Alter. Auch heute noch verhalte ich mich nicht so, wie es von der Gesellschaft als „männlich“ erachtet wird. Aber „dieses Gefühl“ konnte ich nie zuordnen und ich habe es anfangs einfach akzeptiert, denn mein biologisches Geschlecht war bis heute für mich etwas, was ich nicht ändern kann. Ich weiß auch gar nicht, ob ich wirklich eine Dysphorie habe. Ich denke, ich bin über die Jahre so sehr daran gewöhnt, dass ich diese vielleicht gar nicht mehr so richtig spüre. Ich kann nur meine euphorischen und glücklichen Gefühle beschreiben, wenn ich daran denke eine richtige Frau sein zu können. Ausprobiert habe ich mich auch schon ein wenig und meine Gefühle gaben mir ein positives Feedback.
Ich bin in diesen zwei Wochen sehr tief in mich gegangen und habe darüber nachgedacht, wer ich wirklich bin und vor allem was ich bin. Ich bin auf YouTube auf eine englischsprachige Psychotherapeutin gestoßen, die mir auch sehr weiter geholfen hat, das für mich besser zu verstehen und für mich zu bestätigen (Schlüsselfragen, etc.). Auch Jill hat mir mit ihren Videos weitergeholfen (Magic-Button-Test, etc.). Die Indizien die mich zu dieser Erkenntnis gebracht haben sind teilweise klassisch für Transgender, teilweise auch nicht. Insgesamt bin ich aber weder ein weiblicher noch ein männlicher Stereotyp. Trotzdem fühle ich mich mehr Frau als Mann und habe auch femininsterotypische Verlangen (Schminken, Nagellack, etc. Der Mensch ist schon ein widersprüchliches Wesen).
Am ehesten habe ich das erkannt, als ich auf YouTube Dokumentationen über FtM-Transgender gesehen habe. Diese Menschen wünschten sich Körperbehaarung, den Stimmbruch, eben alles was so in der männlichen Pubertät passiert. Als das mit der Körperbehaarung und dem Stimmbruch angesprochen wurde habe ich mich geschüttelt und konnte diesen Wunsch, für mich persönlich wohlgemerkt, nicht nachvollziehen. Im Umkehrschluss bedeutete das für mich, dass ich mich vor der Körperbehaarung eines Mannes ekel und auch mit dem was der Stimmbruch mit meiner Stimme gemacht hat nicht glücklich bin. Und das stimmt auch.
Ein weiterer Punkt für mich ist das Kleidung kaufen, bzw. tragen. Ich trage neutrale Kleidung, da ich keine feminine Kleidung „tragen darf“. Meine T-Shirts und auch Pullis sind allesamt schwarz, da es eine neutrale Farbe ist (genau genommen sind schwarz und weiß ja keine Farben). Und außerdem alles Merchandise-Artikel (Band-Shirts, etc.). Wenn ich z.B. bei Takko bin schiele ich neidisch auf die Frauenabteilung.. . Auch was Make-Up oder z.B. Nägel machen angeht bin ich neidisch.. .
Zwei letzte Punkte für den Text, sonst wird das wirklich zu viel:
Mein Name. Mein männlicher Name ist für mich einfach nur irgendein Name. Ich kann aber von meinem Gefühl her sagen, dass das nicht „mein“ Name ist. Ich fühle da keine Verbundenheit. Mit dem ersten weiblichen Namen, welcher mir eingefallen ist, konnte ich mich sofort identifizieren, ohne dass ich zunächst die Bedeutung des Namens wusste. (Ich bin Larissa. Der Name kommt aus dem Griechischen und bedeutet im neugriechischen „die Möwe“. Und die Möwe ist in Griechenland ein Symbol für Freiheit). Der zweite Punkt ist, dass ich mich schon ein wenig in die feminine Richtung ausprobiert habe und meine Gefühle ein positives Feedback gegeben haben. Ich fühle mich mit einer Oberweite und weiblichen Kurven viel, viel wohler.
Zwei Fragen habe ich noch zum Abschluss:
Wenn man biologisch ein bestimmtes Geschlecht hat und sich so auch identifizieren kann, sollte man diese ablehnenden und neidischen Gefühle doch nicht, bzw. wenig haben oder?
Muss ich mir sechs Monate wirklich BEWUSST sein, dass ich eigentlich eine Frau bin, oder kann ich auch so bereits mit einem Psychotherapeuten, bzw. einer Psychotherapeutin sprechen, wobei eine Diagnose dann erst frühestens nach sechs Monaten erfolgen kann? Wie darf ich diese Regelung verstehen?
Ich danke euch für eure Aufmerksamkeit und eure Hilfe
Liebe Grüße Larissa

Hallo Larissa,

Bitte entschuldige, dass du so lange auf eine Antwort warten musstest.

Ich finde es super, dass du dich so ausführlich damit beschäftigst, was dir gut tut, welche Begriffe zu dir passen und was du brauchst!

Es gibt keinen richtigen Weg, trans zu sein. Du musst deinen Körper deswegen nicht ablehnen und anders herum musst du keine Dysphorie haben und deinen Körper nicht ablehnen, um dich als trans bezeichnen zu dürfen.

Zum Thema Therapie: Du musst erstmal gar nichts. Ziemlich viele Regelungen, die Krankenkassen und weiß der Geier wer zu trans Personen haben, sind vollkommen Banane. Wenn du eine Psychotherapie machen willst, kannst du die anfangen, egal, ob du drei Tage, Wochen oder Monate weißt, dass du trans bist. Und die Diagnose nach sechs Monaten nun, das wollen die Kassen, aber im Einzelfall können Therapeut*innen davon abweichen. Insofern, nein, du kannst das jederzeit und direkt angehen, wenn du willst.

Liebe Grüße und alles Gute für dich,

Annika

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