Kummerkastenantwort 1.727: Wie kann ich herausfinden, ob ich wirklich trans bin?

Hallo,
seit längerer Zeit hinterfrage ich (afab) nun schon hin und wieder mein Gender, seit einigen Wochen wieder stärker. Im queeren Jugendzentrum meiner Stadt gehe ich unter männlichem Namen und er/they Pronomen, ich habe mir die Haare abgeschnitten und überlege, mir einen Binder zu holen. Wie ich zu meinem männlichen Namen und den Pronomen stehe, kann ich noch nicht ganz sagen. Neulich war ich auch auf einer Veranstaltung, auf der mich viele für männlich gehalten haben, was ich ganz cool fand (glaube ich), nur leider haben meine Begleiter*innen die Personen ziemlich schnell korrigiert.

Ob ich aber wirklich trans bin, kann ich nicht sagen. Natürlich gibt es Label, mit denen ich liebäugele, aber da ich keine wirkliche Dysphoria habe, ist das alles manchmal schwer einzuordnen. Sehr häufig habe ich das Gefühl, nur ein Tomboy zu sein, nur trans zu sein, um besonders zu sein und mich noch mehr in der queeren Community zuhause fühlen zu können. Oder dass ich den (sehr coolen) (trans-)Menschen im queeren Jugendzentrum ähnlicher sein möchte, um mehr zu ihnen zu gehören. In der Transgruppe fühle ich mich wie ein Eindringling, der nur vorgibt, trans zu sein, um dabei zu sein. Wenn ich Geschichten von anderen Transmenschen höre, sind sie für mich alle “mehr” trans als ich.
Eben weil ich mir so unsicher bin, traue ich mich nicht, mich irgendwo zu outen, aus Angst, irgendwann doch herauszufinden, dass ich cis bin. Wenigstens ist ein Outing nicht so dringend, da ich mich nicht komplett unwohl in meiner Rolle als Frau fühle.

Wie kann ich herausfinden, ob ich wirklich trans bin und aufhören, mir irgendetwas anderes einzureden?

F.

Guten Tag,

es gibt eine ebenso einfache, wie erstmal ernüchternde Antwort auf den ersten Teil deiner Frage: Gar nicht. Es gibt keinen Test, keinen Beweis, keine mathematische Formel – nichts, was man durchgeht und am Ende steht da trans – oder eben nicht. Ist damit alle Hoffnung verloren? Nein.

Gleichzeitig gilt: Wir alle – und auch du – haben ein Recht auf das gute Leben. Und wenn es dir gut tut, mal einen Binder auszuprobieren und zu tragen, kannst du das tun. Wenn du dich mit kurzen Haaren wohlfühlst, kannst du die tragen. Wenn er/they-Pronomen für dich grade nice sind, kannst du sie nutzen. Und wenns dir damit gut geht, ist das schonmal top.

Labels fühlen sich da schnell mal groß an, als ob man sie nicht richtig füllen könne. Und es bleibt immer offen, ob es denn wirklich auch das genau richtige ist. Macht nix. Ausprobieren und reinwachsen ist möglich. Niemand kann dir das absprechen. Und wenn es in einem halben Jahr anders aussehen sollte, kannst du das immer noch anders machen. Oder, wenns in 20 Jahren immer noch so ist, hast du vielleicht auch mehr dran gewöhnt, es ist selbstverständlicher für dich geworden, und du hängst weniger im Hinterfragen fest.

Viele Grüße
Xenia

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