Kummerkastenantwort 2.056: Bin ich trans ftm oder passt ein anderes Label besser?

Große Identitätskrise: bin ich trans ftm oder gibt es ein anderes „Label“ das besser zu mir passt? z.B. trans-demiboy?
Schon seit einiger Zeit binde ich meine Brüste ab, zuerst dachte ich allerdings, dass das nur eine „Notlösung“ sei und der zugrundeliegende Beweggrund eigentlich meine Assoziation: „weibliches Erscheinungsbild = Gefahr ausgehend von Männern“ ist. Letztens habe ich dann aber bemerkt, dass ich mich noch nie in meinem Leben als Frau wahrgenommen habe. Damit meine ich: ich stelle „typisch männliche“ Anforderungen an mich. Das sind z.b. ein muskulöser Körper, ein kantiges Gesicht, kurze Haare, tiefe Stimme aber auch „soziale“ Erwartungen, z.b. ein „Gentleman“ sein. Ich weiß, dass diese Eigenschaften/Attribute total stereotyp und veraltet „männlich“ sind und ich sehe überhaupt kein Problem damit, diese Attribute als nicht männlicher Mensch zu haben. Nur für mich möchte ich von anderen Menschen eben so wahrgenommen werden und auch „männlich“ zugeordnet werden, egal wie stereotypisch das ist. Trotzdem bin ich mir total unsicher, ob ich „komplett“ trans bin: außer meinen Brüsten habe ich wenig Body „dysphoria/dysmorphia“, bspw. möchte ich auf keinen Fall eine geschlechtsangleichende OP in Bezug auf die primären Geschlechtsorgane. Ich habe aber auch generell ein großes Problem mit Sexualität, deshalb weiß ich nicht inwiefern das einen Einfluss hat.
Ich habe auch kein großes Problem mit meinen Pronomen (sie/ihr) und meinem Namen (weiblich). Ich glaube, dass das einer der Hauptgründe ist, der mich davon abhält, mich als trans* zu outen. Wäre ich „richtig“ trans, müsste ich dann nicht größere Probleme mit meinem Namen, meinen Pronomen, meinen primären Geschelchtsorganen usw haben? Wenn eine andere Person mir diese Frage stellen würde, würde ich ganz klar sagen: ist doch nicht wichtig! Jede*r kann selbst entscheiden, ob man trans* ist. Es gibt keine offiziellen Kriterien, die man erfüllen muss.Das ganze auf mich anzuwenden fällt mir allerdings ganz schön schwer

Hej!

Du hast grundsätzlich recht: Das eigene Geschlecht kann nur jeder Mensch selbst für sich herausfinden, dasselbe gilt natürlich auch für jegliche Formen der Anziehung.
Was außerdem wahr ist: Nichts an deinem Körper, aber auch nicht dein Name, deine Pronomen, dein Style oder irgendetwas anderes Äußeres bestimmen dein Geschlecht. Das kannst und darfst nur du allein. Und du darfst bestimmen, was du angleichen, verändern, beibehalten willst. Das ist alles ganz allein deine Entscheidung. Das gilt natürlich auch für deine Label. Probier dich aus, finde heraus, was am besten zu dir passt.

Oh und übrigens: Mehr oder weniger Dysphorie macht dich nicht mehr oder weniger trans. Trans sein ist an nichts gebunden, außer an dein Geschlechtsempfinden.

Liebe Grüße,
Valo

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