Kummerkastenantwort 4.927: Wieso denken sich die Standesämter beim neuen Selbstbestimmungsgesetz jetzt komische Dinge aus?

Liebes QL Team,



ich (22) bin nichtbinär (afab) und möchte am 01.08. beim Standesamt die Änderung meines Namens und meines Geschlechtseintrages anmelden. Bisher habe ich mich wirklich sehr auf diesen Tag gefreut, leider lese ich jetzt immer öfter, dass viele Standesämter nur unter bestimmten Bedingungen diese Änderungen vornehmen. Ich habe z.B. gelesen, dass die Anzahl der Vornamen der entsprechen muss, die auch vorher da gewesen sind und das bei „außergewöhnlichen“ Namen sogar ein Gutachten darüber fällig werden kann, dass der gewählte Name „angemessen“ ist uvm.

Jetzt habe ich Angst, dass ich am 01.08. da stehe und mir die Änderung verwehrt wird. Dürfen die Standesämter so vorgehen? Nichts von all dem finde ich im Gesetz selbt.



Vielen Dank im Voraus für eure Antwort und vor allem für eure unglaublich wichtige Arbeit!



F.L.

Hallo,

prinzipiell ist es laut Gesetz so, dass die neuen Vornamen zum neuen Geschlechtseintrag passen müssen. Das ist die einzige Vorgabe, die das SBGG selbst macht und die ist insofern interessant, als dass es ein Grundsatzurteil vom Verfassungsgericht gibt, wonach diese Vorgabe sehr weit auszulegen ist. Im konkreten Fall ging es um ein neugeborenes Kind und das Verfassungsgericht sah die Grundrechte der Eltern, ein Namen für das Kind auszusuchen und die Grundrechte des Kindes einen Namen zu haben als so wichtig an, dass die einzige Einschränkung eine Gefährdung des Kindeswohls durch diesen Namen sein könnte. Insofern ist die Rechtsprechung und die Auslegung der Verfassung da relativ großzügig. Gleichzeitig haben wir in Deutschland nur weibliche und männliche Namenstraditionen. Wann ein Name zum Geschelchtseintrag divers nicht passt, ist völlig offen und ich behaupte, die Antwort wäre: nie.

Das SBGG macht keinerlei Vorgaben zur Anzahl von Vornamen. Solche Vorschriften können sich Standesämter nicht einfach ausdenken.

Also in der Theorie sieht das alles ganz entspannt aus. In der Praxis können Standesbeamte zu allem immer erstmal nein sagen. Und dann? Wie bei allem, wo ein Amt nein sagt, kann man schriftlich Widerspruch einlegen und gegebenenfalls klagen. Ist nervig und anstrengend und kostet mindestens Zeit oft auch Geld.

In kurz: dürfen Standesämter so vergehen? jein, eigentlich eher nicht. Werden einige Standesämter das? vermutlich. Leider.

Liebe Grüße
Xenia

Das könnte dich auch interessieren …

Schreibe einen Kommentar

Deine E-Mail-Adresse wird nicht veröffentlicht.