Kummerkastenantwort 5.736 – Ich habe Angst, lesbisch zu sein.
Hallo liebes Queerlexikon-Team,
ich weiß nicht, wie ich anfangen soll. Ich bin 13 und habe in letzter Zeit Gefühle, die ich mir nicht erklären kann. Ich habe mich früher immer nur in Jungs verknallt, aber irgendwie fühlt sich das im Moment alles ganz anders an. Es gibt ein Mädchen in meinem Umfeld, das ich nicht mehr aus dem Kopf bekomme. Wenn ich sie sehe, bekomme ich einen Kloß im Hals, mein Bauch fühlt sich an, als würde er sich drehen und ich muss schneller atmen. Ich stelle mir vor, wie ich mit ihr im Bett liege, kuschle, sie küsse – und es fühlt sich so intensiv an. Ganz anders als bei Jungs.
Ich speichere Bilder von ihr oder von anderen Mädchen auf Pinterest, höre Musik und stelle mir dabei vor, mit einem Mädchen zusammen zu sein. Ich habe mittlerweile sogar Girl in Red als Hintergrundbild, weil sie mich so anspricht – nicht nur musikalisch. Ich fühle mich zu ihr hingezogen. Und trotzdem macht mir das Angst. Ich weine manchmal, weil ich das Gefühl habe, mich selbst nicht mehr zu erkennen.
Ich frage mich:
Bin ich lesbisch? Bi? Was ist das?
Ist das nur eine Phase, weil ich gerade meine Tage habe? Oder ist das echt?
Ich habe solche Angst davor, dass ich „nicht normal“ bin. Ich will einfach verstehen, was mit mir los ist. Bitte helft mir. Ich will keine Angst mehr vor mir selbst haben.
Liebe Grüße
Ella
Hallo Ella,
vielen, vielen Dank für deine Nachricht. Du hast gerade ganz schön viel auf dem Herzen – und wir wollen dir als Erstes sagen: Was du fühlst, ist okay. Und du bist okay.
Das du dich verwirrt fühlst, traurig bist, vielleicht auch überfordert – all das ist verständlich. Du bist gerade in einer Phase deines Lebens, in der sich ganz viel verändert – in deinem Körper, in deinen Gefühlen, in deinem Denken. Es ist völlig normal, dass mensch da nicht immer alles sofort einordnen kann.
Was deine Gefühle für das Mädchen angeht:
Das, was du beschreibst – Schmetterlinge im Bauch, Sehnsucht, der Wunsch nach Nähe – klingt nach Verliebtsein – muss aber nicht sein. Verliebt sein an sich ist aber etwas sehr schönes und es ist auch in Ordnung. Auch wenn es sich im Moment vielleicht verwirrend oder beängstigend anfühlt, zeigt es vor allem eins: Du bist in der Lage, tief und intensiv zu fühlen. Und das ist eine große Stärke.
Die Frage, ob du lesbisch oder bi bist, das ist nicht so einfach zu sagen – vor allem wir können es dir nicht sagen – aber: Wenn du dich zu Mädchen hingezogen fühlst, ist es möglich, dass du lesbisch oder bi oder queer bist – Am Ende sind es Labels, die wir uns geben um uns einzuordnen. Vielleicht merkst du mit der Zeit auch, dass du dich nur zu Mädchen hingezogen fühlst – oder dass du auch mal wieder Gefühle für einen Jungen oder für Personen mit anderen Identitäten entwickelst. Und alles ist okay. Auch wenn es „nur eine Phase“ wäre – was sich immer wieder Menschen über sich selbst denken, bevor sie sich sicher sind – dann ist das trotzdem deine Phase, und sie ist real.
Aber vielleicht ist es keine Phase. Vielleicht ist es einfach ein Teil von dir. Ein schöner, mutiger, einzigartiger Teil.
Was du auch wissen solltest:
Es gibt kein „zu jung“, um zu wissen, was du fühlst. Und es gibt kein „falsch“ dabei, wie du liebst. Du bist nicht unnormal. Und du bist nicht allein.
Viele junge queere Menschen haben genau diese Fragen. Aber: Du darfst du selbst sein. Auch wenn das Zeit braucht. Auch wenn du noch herausfinden musst, was genau das bedeutet.
Vielleicht hilft dir dieser Gedanke:
Du musst dich heute noch nicht festlegen. Du darfst fühlen, ausprobieren, träumen, dich neu entdecken. Und du darfst dabei stolz auf dich sein – weil du den Mut hast, überhaupt hinzuschauen.
Du kannst dich immer wieder an uns wenden, wenn du Fragen hast. Dafür sind wir da.
Wir schicken dir viel Kraft
Berni vom Queer Lexikon
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