Kummerkastenantwort 448 – Queer Sein in der Schule ist anstrengend.

Liebes Queer Lexikon Team,

das, was ihr hier macht, ist echt toll. GROSSES Lob.
Queere, nicht den hetero-normativen Vorstellungen entsprechenden Menschen werden auch heute noch in vielen Bereichen des Lebens nicht als ein ebenso selbstverständlicher Teil der Menschheit wahrgenommen oder sogar diskriminiert.
Deshalb ist es sehr wichtig, dass es euch gibt.

Ich selbst habe das auch schon erfahren. Beispielsweise in der Schule. Vorweg muss ich sagen, dass ich (erst?) in die 8. Klasse eines Gymnasiums gehe. Und die Schulbücher, die ich gleich erwähnen werde, sind auch schon mindestens 10 Jahre alt. Ich gehöre voraussichtlich zum letzten Jahrgang, der sie nutzen wird. Als ich anfing, mich mit queeren Themen zu beschäftigen, als ich merkte, dass ich lesbisch bin, kam ich einmal, mehr oder weniger zufällig, auf die Seite über sexuelle Orientierungen in meinem Biologiebuch – genau, DIE Seite. Eine einzige Seite. Die Überschrift schockierte mich: „Sexuelle Orientierung – ‚hetero oder homo'“ . „Hetero ODER homo“???? Ist das nicht diskriminierend gegenüber Bi+sexuellen, Pansexuellen etc.? Im Text wurde auch die ‚homoerotische Phase‘ in der Pubertät erwähnt, wie toll. Nebenbei gesagt, die Seite ist die allerletzte Seite des Buches, in der neuer Stoff durchgekommen wird. Ich finde es nicht in Ordnung, dass mir im letzten Jahr noch so ein Buch in die Hand gedrückt wurde. Sie hätten wenigsten das oder bei jedem Buch vorher durchstreichen können. In anderen Schulbüchern habe ich keine Spur von diesen Themen gefunden, auch im Ethikbuch beim Thema Liebe und Sexualität nicht. Genau wie im Unterricht. In meiner gesamten bisherigen Schulzeit kam es nur ein einziges Mal ganz kurz vor, soweit ich mich erinnere. Meine Lehrer*innen scheinen auch kein Interesse daran zu haben, geschickt zu gendern,(das kann beim digitalen Unterricht besonders gut geprüft werden) weil sie jemensch diskriminieren könnten. Nur eine Lehrerin bemüht sich, genderneutrale Anreden zu benutzen. Ich finde, dass die Situation in meiner Schule nicht zufriedenstellend ist.

Wenn in der 9. Klasse an meiner Schule queere Themen nicht gründlich besprochen werden, dann bin ich wirklich enttäuscht. Wenn für einen Tag eine Person unsere Schule kommen wird, darüber mit uns redet, und das dann alles war, dann reicht das nicht aus, um eine Gesellschaft zu bilden, in der queere Menschen so selbstverständlich sind, so normal sind, wie die nicht queeren Menschen, und erst recht nicht, um Diskrimierung von queeren Menschen abnehmen zu lassen. Z. B. Homosexualität und Bi+sexualität und andere nicht-heterosexuelle Orientierungen sollten beim Thema Liebe auch zumindest ganz kurz angesprochen werden (wurden sie bei mir so gar nicht) und nicht nur als Sonderthema.

Die Menschen, die gerade zur Schule gehen, werden auch später noch zur Gesellschaft gehören, und sie werden diese auch beeinflussen. Wie soll sich für queere Menschen etwas ändern, wenn in der Schule nicht ausreichend darüber gesprochen wird? Solange es in der Schule ein kurzes Sonderthema bleibt, solange wird das nicht passieren.

Wenn ihr anderen queeren Menschen andere, bessere Erfahrungen gemacht habt, dann freut und erleichtert mich das sehr. Mir ist klar, dass das nur meine Erlebnisse sind und sie nicht die Situation an anderen Schulen widerspiegeln müssen. Ich weiß aber auch, dass es Menschen gibt, die noch viel schlimmeres an Schulen erlebt haben, z. B. Mobbing. Mit meiner Kritik an meiner Schule wollte ich euch auf keinen Fall in irgendeiner Weise ausschließen. Ich kann glücklich sein, dass ich so etwas bisher nicht erleben musste. Trotzdem wollte ich einfach mal klarstellen, dass das im Moment an meiner Schule noch zu wenig ist, auch das ist aber nur meine persönliche Meinung.

Ich wüsste natürlich gerne, wie das an anderen Schulen ist. Erzählt doch mal!

Liebe Grüße,
Hanna.

PS: Ich will in meinem Text niemanden irgendwie ausschließen. Wenn im Text das Wort ‚queer‘ benutze, dann soll das stellvertretend für alle Menschen stehen, die nicht den hetero-normativen Vorstellungen entsprechen. Also schwule, lesbische, bi+sexuelle, pansexuelle, trans*, inter*geschlechtliche, nichtbinäre, a_romantische, a_sexuelle und alle anderen queeren Menschen.

Hallo Hanna,

Vielen Dank für dein Lob und das, was du erzählst! In der Schule ist Queer-Sein echt noch schwierig, das stimmt.

Wenn du dich mit anderen jungen queeren Menschen z.B. über die Schule austauschen willst, dann komm doch in unseren Regenbogenchat!

Alles Liebe,

Annika

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