Kummerkastenantwort 602 – bin ich genderfluid?

Hallo liebes Kummerkastenteam,

Erst einmal vorweg: ich finde eure Arbeit hier super und wäre manchmal ohne euch wohl echt aufgeschmissen.

Nun aber zu meinem Anliegen.
Ich bin weiblich geboren und benutzte bisher auch immer die weiblichen Pronomen.
In letzter Zeit denke ich aber immer mehr über mein Geschlecht nach, was ja eigentlich bedeutet, dass ich schonmal nicht wirklich Cis sein kann, oder?
Ich habe mit einem Freund von mir mal über die ganze Sache geredet, der mich da auch sehr unterstützt und bin bisher zu dem Entschluss gekommen, dass ich genderfluid sein könnte, wobei ich mir nicht sicher bin.
Meine Klamotten kaufe ich oft in der Herrenabteilung, aber auch das eine oder andere Teil der Frauenabteilung wandte in meinen Schrank, vor allem so Sachen wie kurze Hosen oder doch mal das ein oder andere Kleid, auch wenn ich sie wirklich selten anziehe und mich nach einem Kleid fühlen muss.
Mein Kumpel und ich haben generell einfach über das Thema genderfluid auch gesprochen, nachdem ich zu ihm meinte, dass ich es evtl sein könnte.
Er hat daraufhin angeboten, dass ich ihm, wenn wir schreiben, einen Tipp geben kann, wie ich mich fühle, indem ich einen bestimmten Namen nenne, den ich mir vorher aussuchen und mit dem ich mich auch wohlfühle.
Halt einen männlichen Namen und evtl auch einen anderen weiblichen und einen neutralen.
Bisher habe ich nur einen männlichen Namen gefunden (Alec), fühle mich aber bei meinem eigenen, richtigen, weiblichen Namen auch nicht sonderlich seltsam.
Ich heiße halt so.
Und wenn ich in der Öffentlichkeit bin, ist mir bisher noch nicht sonderlich oft aufgefallen, dass es mich gestört hat si genannt zu werden bzw auch als Mädchen gesehen zu werden (da kam es immer auf die Situation an).

Meine Frage ist jetzt: bin ich genderfluid? Bigender? Oder doch trans (weil ich es mir, zumindest zum Teil vorstellen könnte ein Junge zu sein).
Ich weiß, man kann es nur selbst wirklich wissen, aber vielleicht könnt ihr mir eine Hilfestellung geben, wonach ich Ausschau halten könnte.

Zu dem Punkt mit dem “ich könnte mir zum Teil vorstellen ein Junge zu sein”:
Mir gefällt der männliche Name gut, den ich mit meinem Kumpel ausgemacht habe und je nachdem wie ich mich kleide fühle ich mich auch so. Ich kann mir auch vorstellen einen Penis zu haben oder so. Gleichzeitig ist es schwierig für mich mich ohne Oberweite vorzustellen, auch wenn es dir eine Outfits sehr hilfreich wäre (Habe D).
Außerdem habe ich mega Angst irgendwen zu enttäuschen von wegen, dass ich meinen Vater enttäuschen könnte oder sonst irgendwen. Ich meine, ich war mein Leben lang ein Mädchen, kann ihn da dann nicht Menschen enttäuschen, wenn ich sage: ja ich änder einfach den Namen den ihr mir mit Liebe ausgesucht habt und der eine Bedeutung hat (habe ja auch einen Zweitnamen, der mir wichtig ist).

Ich wäre euch echt dankbar wenn ihr mir da irgendwie weiterhelfen könnt.

Alles Liebe

Hi!

Erstmal danke für das Lob und es freut mich riesig, wenn wir dir schon helfen konnten!

Es gibt auch cis Personen, die sich Gedanken über ihr Geschlecht machen, aber ab einer gewissen Intensität, ist es doch wahrscheinlicher nicht cis zu sein (und so liest sich deine Beschreibung schon für mich ^^).

Die Label, die du selbst gefunden hast, klingen alle schonmal von außen passend. Aber ja, leider ist die einzige verlässliche Art dein Geschlecht festzustellen selbst zu beobachten, womit du dich am wolsten fühlst.

Ich kann es dir nur vielleicht noch ein bisschen schwerer machen (sry!). Du brauchst keine Dysphorie, um trans zu sein. Du darfst deine Brüste mögen, mit deinem Namen zufrieden sein und es als nicht störend empfinden, wenn dich Menschen weiblich lesen, manchmal Lust auf Kleider haben und kannst trotzdem z.B. ein trans Mann sein.

Mein Tipp wäre: schaue, was dir Euphorie verursacht und mache mehr davon. Trag die Kleidung, mit der du dich in dem Moment am wohlsten fühlst. Nutze die Label, Namen und Pronomen, die sich gut anfühlen. Und wenn du glaubst, dass körperliche Veränderungen dir gut tun könnten, probier vielleicht mal Binder oder Packer aus.

Was deine Eltern betrifft: ich kann leider nicht einschätzen, wie sie zu dem Thema stehen. Aber wenn du eher Angst vor Enttäuschung, als vor heftigen Eskalationen hast, versuche mit ihnen darüber zu reden. Ich setze einfach mal vorraus, dass sie wollen, dass du glücklich bist. Und wenn du z.B. mit einem anderen Namen glücklicher wärst, sollten sie das eigentlich akzeptieren. Du bist auch aus liebevoll ausgesuchten Stramplern rausgewachsen, ohne sie zu enttäuschen. 😉
Manchmal lassen sich auch gute Kompromisse finden. Ich habe beispielsweise bei meiner Namensänderung einen neutraleren Spitznamen, den ich schon länger in meiner Familie hatte, als Zweitnamen gewählt. Damit war die Umstellung für meine Familie etwas einfacher.
Letztenendes musst aber du mit deinem Geschlecht, Namen, Aussehen etc. leben, während es deinen Vater höchstens am Rande betrifft.

So. Ich habe jetzt wahrscheinlich erfolgreich alle Klarheiten beseitigt. Falls du zu etwas gerne mehr Informationen hättest, schreib gerne wieder!

Liebe Grüße
Lir

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