Kummerkastenantwort 643 – Wie kann ich meine Eltern nochmal auf mein Coming Out ansprechen?
Hallo liebes Queer-Lexikon Team!
Ich hoffe, Ihr bekommt langsam wieder weniger Nachrichten und seid nicht mehr völlig gestresst!
Ich habe ein Problem, und ich weiß nicht, wie ich damit umgehen soll.
Ich weiß seit einem Jahr dass ich trans masc bin (Anzeichen hab es schon früher, aber ich habe es mir erst vor einem Jahr eingestanden), und hatte immer wahnsinnig Angst, mich bei meiner Familie (das heißt meinen Eltern und meinem jüngeren Bruder) zu outen, weil ich dachte, sie würden es nicht verstehen, mir sagen dass ich mir das einrede oder mich permanent misgendern würden.
Meine Freund*innen haben mir in letzter Zeit jedoch geraten, mit ihnen zu reden, da meine Dysphorie immer schlimmer wird.
Ich weiß immernoch nicht wie, aber Ende Juli hab ich plötzlich geschafft die Worte „Guys…I’m transgender“ am Esstisch r auszudrücken. Danach hab ich eine Weile geweint, und mich ziemlich schnell auf mein Zimmer zurückgezogen. Meine Eltern haben mich umarmt und meinten dass sie mich lieben und alles, und ab da wurden meine größten Ängste plötzlich Realität. Meine Mutter fing an mir zu erklären dass ich mich nicht festlegen muss und mir kein Label geben muss, und wollte nicht akzeptieren dass ich finde dass das zwar stimmt, aber ich für mich ein Label habe, dass mir gefällt und dass das niemand anderen was angeht.
Dann hab ich sie gefragt, they und er Pronomen für mich zu benutzen, und mein Vater hat gelacht und meinte dass sie das nicht hinkriegen würden und das ewig dauern würde. Ich bin dann einfach gegangen.
Seit dem Tag ignorieren meine Eltern mein coming out (mein Bruder auch, aber ich glaube dass das nur wegen ihnen ist), nennen mich ein Mädchen, sie, she, und meine Mutter hat gestern beim Einkaufen mich mehrmals gefragt ob ich ein Kleid oder eine neuen Bikini will, so lange bis ich aufs Klo gegangen bin im zu weinen. Außerdem hat sie einen Mann verbessert, der mich für einen Jungen gehalten hat.
Wir fahren in 3 Tagen auf einen Familienurlaub für 2 Wochen, ich werde kein Zimmer für mich haben oder sonstige Rückzugsmöglichkeiten, und ich kann das nicht mehr. Ich will sie nicht noch einmal drauf ansprechen, es ist einfach too much.
Habt ihr eine Idee, wie ich da durch komme?
Danke💙
Hallo liebe ratsuchende Person,
ich hoffe, du hast den Urlaub mit der Familie erst mal gut überstanden. Solche Situationen in denen alle aufeinander hocken sind ja oft noch anstrengender als der Alltag.
Ich möchte dir erst mal sagen, dass es super stark von dir war, dich überhaupt bei deinen Eltern zu outen. Das braucht richtig viel Mut! Umso blöder, dass sie dein Coming-Out nicht ernst nehmen und nicht annehmen können, was du ihnen ganz klar über Namen, Pronomen und Label kommuniziert hast.
Ich habe den Eindruck, als bräuchten sie noch mal eine ganz klar Ansage, damit es wirklich klick macht und ich hoffe sehr, dass du dazu die Kraft findest. Vielleicht wäre es eine Idee, das Ganze nicht alleine zu machen, sondern zu überlegen, wer dich dabei unterstützen kann. Du könntest z.B. deine Freund*innen fragen, ob sie zu so einem Gespräch mitkomme und mit ihenen besprechen, was du alles sagen möchtest. Eine andere Möglichkeit wäre, eine Beratungsstelle in deiner Nähe aufzusuchen, die so ein Gespräch mit deinen Eltern moderieren könnte. Das würde es dann auch etwas ofizieller machen und du müsstest nicht alleine alles (noch mal) erklären. Vielleicht wäre ja auch eine Idee, erst mal mit deinem Bruder zu sprechen und ihm das Ganze noch mal zu erklären, sodass er sich mehr hinter dich stellen kann.
Auch wenn du das Gefühl hast, dass es zu viel ist, das Ganze noch mal zu machen, kann es sich aus stärkend anfühlen, wenn es dann irgendwann Erfolge gibt und deine Eltern den Ernst der Lage verstehen. Ich glaube vor allem, dass du da nicht alleine durch musst!
Ich wünsche dir alles Gute und dass deinen Eltern die Augen ein bissche mehr geöffnet werden.
Viele Grüße,
Rabia