Kummerkastenantwort 657: Ich bin verwirrt über mein Geschlecht

Liebes QueerLexikon,

Ich habe aktuell eine Identitätskrise und finde kaum ein passendes Label für mich, da sehr viel durcheinander geht.

Ich bin biologisch eine Frau, bezeichne mich aktuell als Girlfag und bisexuell. Jedoch macht mir meine Geschlechtsidentität wahnsinnig Gedanken und mir geht es mittlerweile echt nicht mehr gut mit dem ganzen Wirrwarr.

Nachdem ich langsam das Thema Transmann, nicht-binär usw zulasse kommen langsam lang unterdrückte Gefühle hoch. Auch wenn ich vor ein paar Wochen diese Gedanken nicht zuließ vor lauter Panik, doch so zu sein, hatte ich keine Dysphorie und kam mit meinem biologisch vorgegeben Körper klar. Doch seitdem ich versuche meine Gedanken und Gefühle zuzulassen bricht mir teilweise alles über dem Kopf zusammen.
Ich habe zeitweise starke Dysphorie in weiblichen, engen oder Kleidungsstücken mit Ausschnitt der meine Oberweite zeigt. Dies kam erst zum Vorschein, als ich mich traute Kleidungsstücke aus der Männerabteilung zu tragen, mit denen ich mich auch mega wohl fühle, aber direkt hatte ich auch Panik vor den Reaktionen meines Umfeldes.
Ebenso probiere ich einen neutralen Namen und er/ihm Pronomen mit meinem Partner aus und das tut mir wahnsinnig gut. Dafür werde ich sehr empfindlich und verletzt, wenn mich jemand als Cis-Frau sieht, die ich definitiv nicht bin, was sofort starke Zweifel und Dysphorie auslöst.
Manchmal fühle ich mich aber auch eher als non binary transmann (geht das?) manchmal auch komplett nonbinary ganz ohne männlich und weiblich und ohne Dysphorie. Jedoch habe ich äußert selten nur Gedanken im Bereich nichtbinär Tendenz zu weiblich und ganz weiblich fühle ich mich garnicht und empfinde ekel vor mir wenn ich mich als weiblich label.

Ich habe über Bigender, Demiboy, Transgender (ftm), nonbinary und genderfluid nachgedacht, aber irgendwie passt es nicht ganz. Vielleicht ist es die Panik, dass ich doch Transgender bin, da ich mich bei dem Thema noch wahnsinnig limitiere einfach aus Angst. Jedoch immer wenn ich Männer sehe, sehe ich mich selbst als einer von ihnen an. Auch Transitionbilder lösen in mir Euphorie aus. Und irgendwie macht mir das Angst, da eine Transition natürlich Veränderungen mit sich bringen kann sowohl privat als auch arbeitstechnisch.

Ich trage aktuell entweder männliche oder nicht-gegenderte Kleidung (sofern möglich). Dabei wurde ich schon sehr schrägt angeschaut, da ich leider sehr weibliche Kurven und eine große Oberweite habe und lange Haare.
Auch wünscht sich mein Partner ein Kind, was ich ihm auch gerne schenken würde, jedoch mache ich mir sorgen, dass wir sozial ausgegrenzt werden, schon allein, falls ich „wirklich“ ein Transmann bin. Auch würde ich evtl gerne eine Mastektomie machen, jedoch stellt sich das quer mit der Schwangerschaft und stillen usw.

Hoffentlich ist das nicht zu wirr, aber ich habe aktuell keinen weiteren Ansprechpartner, der sehr bewandert ist in dem Thema.

Ihr seid so toll und tausend Dank an Euch!! 🤍

Hoffnungsvolle Grüße,

Skylar

Hi Skylar!

Das richtige Label Label für sich finden ist leider manchmal wirklich schwer. Ich habe jetzt spontan kein Label auf Lager, das gut passen könnte und du nicht selbst schon aufgeführt hast. Was du beschreibst, klingt aber für mich schon sehr nach trans maskulin. Und nichtbinäre trans Männer gibt es, das schließt sich nicht aus!
(Kleine Anmerkung dazu: der Großteil der Communtity zieht trans Mann als Bezeichnung vor, da es sich um Männer mit dem Adjektiv trans handelt, während ‘Transmann’ nahe legt, dass es eine andere Kategorie als Männer sind. Als Selbstbezeichnung geht das aber natürlich.)
Ich fürchte, det einzige Rat, den ich da für dich habe, ist: probier dich aus. Du scheinst ja einen sehr unterstützenden Partner zu haben. Vielleicht kann er dich eine Zeit lang im privaten als Mann bezeichnen. Und wenn dir das gut tut, ist trans Mann wohl eine gute Richtung, um weiter zu sehen. 🙂

Falls dir die Suche nach dem passenden Label dir aber im Moment zu viel Stress bereitet, könnte es aber auch helfen, dich erst mal auf Bereiche deiner Transition zu konzentrieren, die dir gut tun. Wenn du zum Beispiel mit dem Gedanken an eine Mastectomie spielst, hilft dir vielleicht ein Binder. Da dir dein neuer Name und andere Pronomen gut tun, lohnt es sich eventuell auch enge Freunde zu bitten, sie für dich zu verwenden. Du musst dafür nicht wissen, was dein Geschlecht ist. Alles davon ist auch für questioning und sogar cis Personen vollkommen legitim!

Bezüglich Schwangerschaft als trans Mann, kann ich dich aber beruhigen: es gibt immer mehr trans Männer, die Kinder zur Welt gebracht haben! Dabei ist es für sie oft auch trotz Mastektomie noch möglich ihr Kind zu stillen. Alternativ kann das Kind aber auch mit der Flasche gesäugt werden. Aber ich denke, wenn du eine Mastektomie durchführen lässt, kannst du das mit deine*r Ärzt*in besprechen und es kann bei der Operation entsprechend berücksichtigt werden.

Geschlecht ist schwer, aber ich glaube, du bist auf einem guten Weg. Und ich kann dir nicht versprechen, dass du von deinem gesamten Umfeld Unterstützung erfahren wirst. Aber du hast schonmal einen respektvollen Partner an deiner Seite. Und unsere Gesellschaft lernt zu weiten Teilen auch langsam aber sicher dazu. Und ich glaube, die Geschlechtseuphorie ist es in den meisten Fällen wert!

Wenn du weitere Fragen hast oder etwas loswerden musst, melde dich gerne wieder!

Liebe Grüße
Lir

Das könnte dich auch interessieren …