Kummerkastenantwort 739: Ich bin vielleicht ein Junge?

Hallo!
Ich hab ein etwas komplizierteres Anliegen. Ich hoffe, ich bringe es verständlich rüber.
Seit einiger Zeit weiß ich, dass ich nonbinary bin (afab). Ich habe mich vor ungefähr einundhalb Jahren geoutet, damals habe ich alle Pronomen benutzt.

Was daraufhin aber passiert ist, ist, dass alle meine Freund*innen weiterhin weibliche Pronomen für mich benutzt haben. Einfach aus Gewohnheit. Ich habe irgendwann angefangen, männliche Nomen zu benutzen, also ich sage, ich bin Schüler, weil das ja meistens gender neutraler ist oder direkt, dass ich Schüler*in bin. Aber irgendwie hat es mich immernoch gestört, dass mich alle weiter mit “sie” angesprochen haben. Das lag für mich aber nie am Wort selbst, sondern an der Absicht dahinter. Ich hatte dadurch das Gefühl, von allen als Mädchen gesehen zu werden. Ich habe also meiner engeren Freundesgruppe gesagt, dass ich gerne mit er-Pronomen experimentieren würde, damit zumindest manche Menschen diese Pronomen für mich benutzen.

Dann habe ich bemerkt, dass diese Pronomen sich für mich sehr viel besser anfühlen. Und habe nach und nach allen gesagt, sie sollen mich mit “er” ansprechen, bis heute. Ich fühle mich extrem wohl damit. Wenn mich jemand “sie” nennt, fühlt es sich direkt komisch und falsch an.

Ich habe mich dieses Jahr in meiner Schule geoutet. Und weil die meisten es nicht verstehen, wenn ich erkläre, ich sei nonbinary, sage ich, ich bin ein Junge, weil ftm trans Leute bekannter sind. Und ich es mag, als Junge bezeichnet zu werden. Irgendwie hat das alles dazu geführt, dass meine engen Freunde, bei denen ich ja eigentlich als genderqueer geoutet war, mich plötzlich als Jungen bezeichnet haben. (Ich war dysphoric, und ein Kumpel von mir meinte, ich solle nicht auf hater hören, ich sei ein echter Junge, egal was, und meine beste Freundin hat öfter gesagt, ich sei ein Junge), und ich habe sie einfach nie verbessert. Weil es sich gut angefühlt hat, und richtig.

Langsam zweifle ich daran, dass das nur daran liegt, dass ich nicht mehr als Mädchen gesehen werden will. Ich weiß ihr könnt mir nicht sagen, ob ich ein Junge bin. Aber ich dachte, ich schreibe euch trotzdem mal.

Mein nächstes Problem hängt damit zusammen. Ich finde, nb Personen sollten sich nicht dazu gezwungen fühlen, sich einem binären Geschlecht dazuzuzählen, nur weil es keine andere Option gibt, oder weil es alles einfacher macht. Genau das gleiche mit Pronomen. Und jetzt mache ich genau das, und ich fühle mich ein wenig schlecht deshalb, als sollte ich dafür einstehen, dass nb Personen anerkannter werden, in dem ich mich nicht als Jungen bezeichne, falls ich keiner bin.

Ich hoffe, mensch versteht das Ganze hier… War doch ein bisschen durcheinander. Danke schonmal für eure Antwort!
Ein verwirrter Fisch

Hallo, du verwirrter Fisch!

Um deine Frage zu beantworten: Ja, du bist vielleicht ein Junge. Wenn es dich euphorisch macht, als Junge bezeichnet zu werden, sich männliche Pronomen besser anfühlen und du es einfach magst, “ein Junge” zu sein, weil es sich “gut und richtig” anfühlt, dann ist die Wahrscheinlichkeit hoch, dass du entweder gerade in einer maskulinen Phase der Genderfluidität bist oder binär trans männlich.

Zu deiner zweiten Frage: Nein, nichtbinäre Menschen sollten sich nicht binär zuordnen müssen, weil das “einfacher” ist. Aus deiner Beschreibung lese ich aber kein “ich mache das, weil es einfacher ist und ertrage die Konsequenzen”, sondern positive Assoziationen und ein gutes Gefühl dabei. Du bis die einzige Person, die bestimmen kann, ob du ein Junge bist. Aber auch wenn du ein nichtbinärer Junge sein solltest oder eine nichtbinäre Person, ist es kein “Verrat” oder ein “Zeichen von Schwäche”, sich so anreden zu lassen und so vorzustellen, wie es sich am besten anfühlt.

DU bist gut und richtig so. (Und ganz bestimmt nicht alleine für die Veränderung des Cistems zuständig.)

Alles Liebe und solidarische Grüße

Fluff.

Das könnte dich auch interessieren …