Kummerkastenantwort 926: Ich fühle mich eher männlich.
Hey,
Ich heiße Charlie. Vor ein paar Monaten habe ich mich bei meinen Eltern und Freunden als bisexuell geoutet und alle haben sehr positiv darauf reagiert.Leider habe ich sehr konservative Großeltern, die Homosexualität oder Geschlechter zwischen Männlich und Weiblich als “psychische Krankheit” sehen. Bei ihnen werde ich mich nicht outen. Aber jetzt bin ich mir bei meinem Geschlecht nicht mehr sicher.
Ich merke bereits seit längerem, dass ich manche meiner weiblichen Seiten (ich bin als Mädchen geboren) gerne mag, aber mich manchmal auch eher männlich fühle. Daher bin ich mir nicht sicher, ob ich ein “maskulines” Mädchen, oder genderfluid ( oder ähnliches) bin. Ich habe Angst, mich ein zweites Mal zu outen, weil ich befürchte, nicht ernst genommen zu werden oder falsch zu liegen.
Ausserdem weiß ich nicht, ob oder wie ich das meinen Großeltern sagen soll. Ich finde, ihnen mein Geschlecht mitzuteilen wichtiger (aber auch riskanter für unsere gute Beziehung), als meine Sexualität.
Ich würde mich sehr über einen Rat freuen, wie ich mein Geschlecht herausfinden kann.
Viele liebe Grüße und vielen Dank!
Charlie
Hallo Charlie,
ich verstehe gut, warum du sagst, dass es dir nicht so wichtig ist, deinen Großeltern über deine Sexualität zu erzählen. Die Information da ist wirklich zweitrangig – gerade, wenn du überlegst, dass sie wohl gelegentlich über dich reden und dann ist der Unterschied zwischen Enkel und Enkelin halt schon sehr deutlich für dich und damit auch für sie relevant.
Und ich kann auch gut nachvollziehen, dass du dir Sorgen machst, mit weiteren Coming Out weniger ernst genommen zu werden. Das kann zwar durchaus passieren, kann ja aber nicht der Sinn der Sache sein.
Jetzt erscheint zunächst logisch, genau das zu machen, was du machst. Versuchen dir sicherer zu werden und nachzufragen, wie du dir sicherer sein kannst. Denn, wenn du dir sicher bist, kannst du ja auch ein in der Sache sicheres Coming Out haben. Wenn das irgendwie klappt, dann ist das sicher nicht verkehrt. Aber: das bisschen schwierig, weil es wenig gibt, das absolute Sicherheit schaffen kann. Ausprobieren kann aber Sicherheit schaffen.
Das führt aber dazu, dass du quasi, trotz Unsicherheit ein Coming Out “ausprobieren” müsstest, um zu schauen, ob das für dich passt. Solange du aber keine Kristallkugel hast, mit der du sehen kannst, wie es wäre, wenn du dich outest, ist die einzige Möglichkeit, das sinnvoll rauszufinden, eben doch ein Coming Out zu haben. Das ungeschickte daran: das erfordert dann doppelt Mut. Das geschickte daran: Es ist kein weiterer Schritt auf dem Weg zur Transition notwendig, denn Coming Out war ja schon vorher ein Thema.
Viel Erfolg!
Xenia