Kummerkastenantwort 1.070: Kann ich als nicht-binäre Person auch an eine Mastek und eine Hysto kommen?

CN: In dieser Nachricht geht es unter anderem um Dysphorie und Operationen.

Liebes QueerLexikon,
seitdem ich 11 Jahre alt war, litt ich unter Geschlechtsdysphorie. Jeden Tag fühle ich mich falsch in meinem weiblichen Körper.
Lange hoffte ich darauf, dass meine Probleme verschwinden würden. In meinen 20ern, 30ern, 40ern.
Nun gehe ich auf Ende 40 zu, und denke noch immer jeden Tag über eine Mastektomie und eine Hysterektomie nach. Über Mastektomien habe ich auf Eurer Seite bereits sehr Hilfreiches gelesen. Danke dafür, dass es Eure Seite gibt!

Zusätzlich zu einer Mastektomie hätte ich gerne eine Hysterektomie, bestenfalls komplett. Also den Uterus raus und Eierstöcke ebenfalls.
Ich habe meine Gebärmutter schon immer gehasst, doch die monatlichen Regelschmerzen ließen sich mit Schmerzmitteln unterdrücken. Mittlerweile ist jedoch PMS hinzugekommen. Kopfweh, Übelkeit, und bleiernde Müdigkeit.
Ich möchte nicht die Pille nehmen (zu weiblich). Wahrscheinlich stehen meine Wechseljahre eh kurz bevor.
Falls es gar nicht anders ginge, würde ich eine Hormonersatztherapie machen (es wäre sozusagen der Lohn dafür, meine verhassten Organe los zu sein).
Doch behalten will ich sie auf keinen Fall.

Ich hasse mich im Inneren (meine Fortpflanzungsorgane) und im Äußeren (die Brüste). Jedoch fühle ich mich als geschlechtsneutral, nicht als Mann.
Und abgesehen von den Geschlechtsmerkmalen bin ich größtenteils mit mir im Reinen, doch genau dieses Thema nimmt einfach einen Riesenraum ein.
Zudem bin ich asexuell.

Meine Frage: wenn mir ein Psychiater/in oder Psychologe/in bescheinigt, dass ich nicht-binär bin, könnte ich dann eine Mastektomie und eine komplette Hysterektomie bekommen? Gibt es Gynäkologen, die eine solche OP durchführen würden, auch ohne dass ich aus Testosteron bin?

Notfalls würde ich die OPs auch selber bezahlen, doch scheint es in Deutschland und den Nachbarländern schwer zu sein, jemanden zu finden, der diese OPs anbietet. Also, wenn man kein „richtiger Transmann“ ist.

Jetzt, mit fast 47, habe ich einfach realisiert „ich kann nicht mehr“. Und dass man aus seinen Problemen mit der Geschlechtsidentität nicht einfach so herauswächst.

Über eine Antwort von Euch würde ich mich sehr freuen.

Euch ein Frohes Neues Jahr!

Mari-Ina

P.S. Ich meinte „auch ohne dass ich auf Testosteron bin?“ Nicht „aus Testosteron“. 🙂 Entschuldigung! Ich glaube, ich brauche meinen Kaffee.

Hallo Mari-Ina,

die ganz kurze Antwort auf deine Fragen ist: Ja, das geht alles.

Die längere und leider etwas kompliziertere ist: Es kommt immer drauf an, an welche Leute du gerätst und auch, womit du dich selbst wohl fühlst. Theoretisch kriegen Leute in Deutschld mit der „richtigen Diagnose“ von ihrer Krankenkasse den Zugang zu solchen Maßnahmen ermöglicht und bezahlt. Theoretisch tun sie das auch, wenn du nicht vorher eine Hormontherapie gestartet hast.

Praktisch gibt es leider überall noch Therapeut*innen, Gynäkolog*innen, Chirurg*innen, Sachbearbeitende bei den Krankenkassen usw., die eine sehr eng gefasste Vorstellung davon haben, wie trans Personen zu sein haben, damit wir solche Maßnahmen „verdienen“. Das ist ziemlich bescheiden und ist für jede Person, die nicht diesen Normen entspricht, ein ständiger Kampf gegen das System.

Ich sehe zwei Möglichkeiten: Du könntest entweder auf gut Glück das medizinische oder psychologische Fachpersonal deines Vertrauens ansprechen und sie um Unterstützung in dieser Sache bitten. Oder du schaust dich mal in deiner Region nach Beratungsstellen, Stammtischen, Selbsthilfegruppen o.ä. für trans und nichtbinäre Menschen um – die können dir oft sagen, welche ärztlichen und psychologischen Praxen gute Anlaufstellen sind, und evtl. kann dir dort auch mit dem Schreiben von Anträgen geholfen werden.

In jedem Fall drücke ich dir alle Daumen für deinen weiteren Weg! Es ist schön, dass du diesem Teil von dir nun Raum geben kannst und dass du dich bemühst, das Beste für dich zu tun. Ich hoffe, es läuft für dich so unkompliziert und schmerzfrei wie möglich.

Alles Gute und liebe Grüße,
Balthazar

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