Kummerkastenantwort 2.278: Ich hasse, wer ich bin.

Ich hasse wer ich bin.
Mein Körper ekelt mich an, ich wünschte ich wäre ein (Cis) Junge, hätte keine Brüste und hätte das eine männliche Geschlecht.
An einigen Tagen zieh ich 2 Sportbhs an und das flacht die Brust nicht viel ab. Im Spiegel schauen geht gar nicht mehr klar…

Alles begann in der Grundschule;Ich habe mich immer meiner Mutter gesagt das ich ein Junge bin aber meine Mutter hat mich nie ernst genommen.

Heute;
Meine Freunde bestehen großteilig aus Jungs aus meiner Klasse, die gleiche Interessen wie ich haben,zB.Zocken und Mädchen 🙂

In der Schule ärgern mich viele aus  verschiedenen Themen, was mir egal ist aber zb eine Lehrperson hat mich als Junge “angesehen” ,mich mit er benannt,die Klasse hat nur gelacht ,es tat einfach weh.

Ich liege Abends im Bett und weine ohne das jemand es bemerkt…

Ich habe versucht mich zu outen bzw habe ich aber meine Freund/innen nehmen mich gefühlt nicht ernst und meine Eltern können/wollen mir nicht helfen…

Was kann ich tun?

Hey Du!

Das klingt, als liefe gerade sehr viel ziemlich scheiße bei dir und das tut mir leid. Ich kann mir gut vorstellen, dass das sehr anstrengend für dich ist.

Du fragst, was du tun kannst. Ich kann dir leider keinen genauen Plan verraten, wie du all die Sachen, die scheiße laufen, ändern kannst – manche Dinge lassen sich leider auch nur im Verlauf mehrerer Jahre angehen und beheben, und das auszuhalten, ist manchmal sehr, sehr schwer.
Eine Sache kann ich dir aber sagen, die du tun kannst: So gut auf dich acht geben, wie irgendwie möglich.

Das bedeutet, dass du versuchst, so viel von den Dingen, die scheiße sind, aus dem Weg zu räumen, und gleichzeitig versuchst, Dinge zu finden, die dir gut tun – als Gegenmaßnahme zur ganzen Scheiße, sozusagen. Ich liste jetzt einfach mal ein paar Sachen auf, die da helfen könnten. Vielleicht ist ja etwas, das für dich funktioniert, dabei.

Du schreibst, dass du starke Dysphorie hast und dass du dir wünscht, ein Junge zu sein. Cis zu sein, das kann ich dir nicht versprechen, aber wenn du dir so stark wünscht, ein Junge zu sein, dann kann das ein ziemlich deutliches Zeichen dafür sein, dass du eben genau das bist – ein Junge. Du brauchst von niemandem die Erlaubnis oder eine Bescheinigung dafür, ein Junge zu sein.

Gegen die Brust-Dysphorie könnte dir eventuell ein Binder helfen. Kennst du schon unsere Binder-Broschüre? Ein Binder kann Brüste wesentlich besser kaschieren, als ein Sport-BH. Außerdem ist es wesentlich sicherer, einen (gut passenden) Binder zu tragen, als mehrere BHs übereinander!

Was dir eventuell auch gegen die Dysphorie helfen könnte, sind neue Klamotten, in denen du dich wohl fühlst. Dafür kannst du, falls du es noch nicht ausprobiert hast, auch in die Jungs-Abteilung gehen! Du kannst dich außerdem mal schlau machen, ob Packing eventuell etwas für dich ist – es gibt auch Packer für jüngere Menschen, die nur aus einer Schaumeinlage bestehen, falls du dich mit “realistischen” Packern nicht wohl fühlst.

Falls du dich dafür sicher genug fühlst, kannst du außerdem versuchen, noch einmal das Gespräch mit deinen Freund*innen und auch mit deiner Mutter zu suchen.

Für die Eltern von trans Kindern und Jugendlichen gibt es mittlerweile viele Hilfestellungen im Netz, zum Beispiel bei trakine. Manchen Eltern hilft es, sich mit anderen Eltern auszutauschen, um zu verstehen, wie wichtig das Thema für ihre Kinder ist und wie sie ihre Kinder besser dabei unterstützen können.

Bei deinen Freund*innen könntest du versuchen, erstmal mit einer einzigen Person (vielleicht der Person, der du am meisten vertraust?) das Gespräch zu suchen, sodass du dich erstmal nur bei ihr*ihm outest und erklärst, wie wichtig es dir ist, akzeptiert und respektiert zu werden. Mit dieser Person im Rücken kannst du es dann vielleicht noch einmal in der Freundesgruppe ansprechen?

Du bist außerdem herzlich eingeladen, bei uns im Regenbogenchat vorbei zu kommen und dich mit anderen queeren Jugendlichen auszutauschen!

Falls es bei dir in der Schule eine Lehrperson gibt, der du vertraust, könnte es außerdem helfen, diese anzusprechen und zu schauen, ob sich an diesem ganzen “Ärgern” etwas ändern lässt. Das scheint dir ja auch sehr zuzusetzen, was ich gut verstehen kann. Vielleicht ja die Person, die dich als Jungen angesehen hat?

Der letzte Vorschlag, den ich habe, wäre, dass du mal mit einer Vertrauensperson (am besten einer erwachsenen Person) sprichst und ihr gemeinsam schaut, ob du vielleicht mal mit einem Kinder- und Jugendpsychotherapeuten oder -psycholog*in/psychater*in sprechen kannst.
Kein Mensch sollte nachts allein in seinem*ihrem Bett weinen müssen. Das ist ein eindeutiges Zeichen dafür, dass es dir nicht gut geht und sich etwas ändern muss – eine Therapieperson kann da helfen, allein schon, weil es manchmal hilft, sich jemand Außenstehendes gegenüber alles von der Seele zu reden.

Falls du später medizinische Transititonsschritte gehen möchtest, also z.B. eine Hormonersatztherapie oder OPs, hilft es außerdem, wenn du schon länger mit einer Therapieperson über trans Themen (und alles andere) sprichst.

Ich hoffe, bei diesen Vorschlägen war etwas dabei, das dir tatsächlich hilft!

Alles Liebe,
Elias

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