Kummerkastenantwort 1.278: Ich bin verwirrt über mein Geschlecht.
Hi, also ich weiß nicht wirklich wie ich anfangen soll. Ich bin 20 Jahre alt und afab. Ich habe mich schon immer anders gefühlt. Mit 13 Jahren habe ich eine Geschlechtsbeschreibung gefunden die zu dem Zeitpunkt sehr gut gepasst hat, allerdings habe ich meine Identität dann noch weiterhin jahrelang unterdrückt. Die letzten 4 Jahre habe ich als Transmann gelebt und mich auch wohl gefühlt. Doch seit ungefähr einem Jahr oder so glaube ich das eine andere Bezeichnung besser zu mir passen könnte, zum Beispiel non binary, gender Fluid etc.
Diese gefühle sind seit Anfang des Jahres sehr viel stärker geworden und ich bin nur noch am verzweifeln. Ich habe schon so viel in die Wege geleitet und und auch schon testo genommen (ich musste wegen schlimmer Nebenwirkungen aufhören) und hab alle Unterlagen für die Namensänderung ausgefüllt und vor ein paar Tagen auch abgeschickt.. Ich bin mir nur noch unsicher.. Ich bekomme keinen Termin bei irgendeinem/einer Therapeut*in und suche schon seit Jahren. Ich suche nicht mal genderspezifischen und fühle mich mit den tiefen meiner Geschlechtsidentität alleine gelassen. Ich weiß ich will die Mastektomie machen. Ich liebe meinen geringen bartwuchs und zugleich gibt es Tage an denen ich einfach meine Stoppeln abrasiere und mich nicht wirklich männlich fühlen will. Ein Hobby von mir ist crossdressing/drag aber ich größtenteils mag ich es nur, wenn ich Bart trage. Dann gibt es Tage an denen es umgekehrt ist.
Was soll ich tun?
Hi!
Das Alleinegelassen fühlen ist wirklich scheiße. Ich kann dir fürchte ich nicht sagen, was du tun solltest. Aber ich habe glaube ich eine etwas andere Sicht auf die Dinge, die dir vielleicht helfen könnte.
Es invalidiert nicht die letzten vier Jahre, wenn du jetzt feststellst, dass du nicht (nur) trans männlich bist. Dein Geschlecht darf sich ändern und entwickeln. Wenn du nicht-binär oder genderfluid bist, ist eigentlich nur relevant, ob sich dadurch etwas an deinen Bedürfnissen ändert. Wenn die Schritte, die du bisher in deiner Transition unternommen hast, trotzdem noch passen, ist ja eigentlich nichts schlimmes passiert. Wenn du dich ab und zu rasieren und weniger männlich fühlen willst, ist das kein Makel und kein Versagen. Wenn du andere reversible Schritte, die du unternommen hast, wieder rückgängig machen willst, ist das auch ok.
Transition ist für dich und nur für dich. Wenn dir etwas davon nicht (mehr) gut tut, lass es. Wenn deine Bedürfnisse sich von Tag zu Tag ändern, überlege, ob es Kompromisse gibt (wie an manchen Tagen rasieren und an anderen Bart tragen). Es geht darum, dass du dich so wohl wie möglich fühlst. Dabei bist du niemandem eine Klischeetransition schuldig.
Trotzdem würde ich die Therapeut*innensuche nicht aufgeben. Wenn du jemand passendes findest, kannst du davon glaube ich sehr profitieren. Vielleicht gibt es trans Organisationen in deiner Nähe, von denen du eine Liste guter Therapeut*innen in der Region bekommen kannst? Solange du niemanden findest, kann es vielleicht helfen diese Dinge mit Vertrauenspersonen (im Idealfall queeren, die die Probleme auch verstehen) zu besprechen. Wenn du niemanden dafür hast, könntest du überlegen mal in unseren Regenbogenchat reinzuschnuppern oder natürlich dich weiter dem Kummerkasten anvertrauen. Ich hoffe, ich konnte dir damit ein wenig weiter helfen.
Liebe Grüße
Lir