Kummerkastenantwort 1.622: Bin ich ein bisschen nicht-binär?

Hi. Ich bin 24 und war mir eigentlich lange sicher, eine cis Frau zu sein. Allerdings bekomme ich zunehmend Zweifel daran, ob ich vielleicht eine (leicht?) nicht binäre Frau bin. Ich fühle mich mit dem Prädikat cis Frau irgendwie nicht mehr ganz wohl, gleichzeitig fühle ich mich auch “nicht nicht binär genug”. Ich habe kein Problem mit sie/ihr-Pronomen, mit Bezeichnungen wie Tochter, Freundin etc. oder mit der Anrede Frau. Ich habe auch kein Bedürfnis nach Transition. Trotzdem fühlt es sich irgendwie an, als wäre da noch mehr. Wie soll ich damit umgehen?
Danke und viele Grüße.

Hallo!

Bitte entschuldige erstmal, dass du so lange auf eine Antwort warten musstest.

In der queeren community haben wir verstanden, dass Geschlecht komplexer als nur zwei Optionen (männlich und weiblich) ist und Begriffe und Modelle erschaffen, um Geschlecht in seiner Kompliziertheit abzubilden, z.B. die Unterscheidung zwischen cis und trans und die Unterscheidung zwischen männlich, weiblich und nicht-binär. Menschen und ihr Geschlecht sind allerdings nochmal komplizierter als auch diese Modelle: cis und trans sind eigentlich keine Gegensätze, sondern liegen mindestens auch auf einem Spektrum, so dass es möglich ist, ‘ein bisschen trans’ oder ‘weitestgehend cis’ zu fühlen; dafür gibt es aber noch nicht viele Begriffe. Genau so kann eine Person, wie du das ja auch beschreibst, “ein bisschen nicht-binär” sein. Also: Das was du erzählst ist völlig normal und liegt an diesen Modellen, mit denen wir die Welt vereinfachen wollen und die dadurch immer wieder auch Menschen ausschließen. Für “ein bisschen nicht-binär” setzt sich übrigens langsam der Begriff “demi non binary” durch, falls du daran interessiert bist.

Wie du damit genau umgehen sollst, kann ich dir nicht sagen. Offensichtlich hast du ja aber schon darüber nachgedacht, was dir gut tut, d.h. welche Pronomen, welche Bezeichnungen etc. gut für dich sind. Ich würde genau da weiter machen: Was brauchst du, um dich wohlzufühlen? Wie sollen andere mit dir umgehen? Und dann versuche, das gute Leben für dich zu bauen.

Ich wünsche dir alles Gute!

Liebe Grüße,

Annika

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