Kummerkastenantwort 4.770: Meine Eltern sind stark religiös und ich weiß nicht was ich tun soll
Hi,
ich bin mir eigentlich ziemlich sicher über meine Identität und fühle mich auch wohl mit den Labels (non-binäre Lesbe), die ich benutze, jedoch habe ich ein großes Problem mit meinen Eltern. Ich habe mich noch nicht bei ihnen geoutet( und habe es auch nicht vor), da ich weiß, dass sie sehr homophob sind und eigentlich gegen alles LGBTQ+ bezügliche sind. Meine Eltern sind stark religiös und konservativ und haben viele Erwartungen an mich (reichen, muslimischen Mann heiraten, Kinder kriegen, für immer bei ihnen wohnen bleiben, ruhige Tochter sein). Nun stimme ich, aber mit vielem was meine Eltern sagen nicht überein insbesondere, wenn sie rassistische und homophobe Äußerungen machen. Ich bin finanziell von ihnen abhängig und ich weiß auch nicht wie ich sicher aus diesem Haushalt rauskommen kann. Ich kann erst offen ich selbst sein, wenn meine Familie nicht da ist. Ich habe ihnen schon eine „große Offenbarung“ mitgeteilt und habe ihnen gesagt, dass ich atheistisch bin, aber damit ging nur einher, dass ich jetzt wahrscheinlich enterbt wurde, kein vollwertiger Teil der Familie mehr bin, fast in ein türkisches Internat geschickt wurde, finanziell nicht mehr von meinen Eltern unterstützt werde (bezüglich meiner beruflichen Wahl) und jetzt vor dem Höllenfeuer „gerettet“ werden muss, indem ich zusätzlich zu meinen schulischen Leistungen auch in meiner Freizeit religiöse Texte/Videos/Hörbücher konsumiere….. Also ja, outen kommt nicht infrage.
Irgendwelche Ratschläge?
Devon
Hi Devon,
erst mal: voll gut, dass du weißt, wer du bist. Das herauszufinden ist ja oft schon eine Herausforderung in sich, und die hast du geschafft. Trotzdem ist das mit deiner Familie natürlich eine Belastung, die da draufkommt.
Landesweit gibt es einen online Treff für queere BIPOC Personen von lambda, der zwei Mal monatlich stattfindet. Ich kann mir gut vorstellen, dass es helfen kann, wenigstens in so einem Rahmen auch immer wieder Austausch zu haben und auch Tipps zu bekommen und vor allem die eigene Identität leben zu können. Falls du aus NRW kommst, gibt es eine Anlaufstelle, an die du dich wenden könntest. Der Text bezieht sich erst mal auf geflüchtete queere Jugendliche, weiter unten steht aber auch, dass es allgemeine Vernetzung für queere B_POC gibt. Ein ähnliches Angebot gibt es auch in Bayern.
Allgemein kann ich dir nur sagen, dass – egal wie sehr es auf der Seele brennt – du dich nur outen solltest, wenn es keine Gefahr für deine Sicherheit bedeutet. Dein Leben, deine Sicherheit sollte immer an oberster Stelle stehen. Falls du merkst, dass es nicht mehr anders geht, du es ungeoutet nicht mehr aushältst, schau, wo du alternativ unterkommen kannst. Gibt es Freund*innen, bei denen du safe bist? Alle unter 27-Jährigen Menschen können auch über die Kinder- und Jugendhilfe Unterstützung finden. Mir ist bewusst, dass die nicht unbedingt diskriminierungssensibel ausgebildet sind, aber immer mehr Stellen werden da zunehmend besser mit. Und wie gesagt, am wichtigsten ist, dass deine Sicherheit gegeben ist.
Ich wünsche dir von Herzen alles Gute,
Valo