Kummerkastenantwort 5.204: Wie oute ich mich in einem sehr christlichen Haushalt und Freundeskreis?
Ich bin queer, aber lebe in einem sehr christlichen Haushalt und Freundeskreis. Wie outet man sich?
Hallo!
Wir haben eine ganze Broschüre mit Tipps fürs Coming Out, schau doch da mal rein. Und wir haben eine Broschüre mit Tipps für Eltern, deren Kinder sich outen, vielleicht kannst du ihnen die geben?
Ich bin mir ansonsten nicht ganz sicher, wie ich dir helfen kann. Geht es um die ‚Vereinbarkeit‘ von Glauben und Queer Sein? Hast du damit ein Thema? Befürchtest du, dass deine Familie damit ein Thema hat?
Es gibt die Organisation zwischenraum für queere Christ*innen – schau doch mal, ob du da die Unterstützung findest, die du brauchtst?
Ich wünsche dir für dein Coming Out alles Gute!
Liebe Grüße,
Annika
Hey 🙂 Ich hatte zeitweise auch einen christlichen Freund*innenkreis und dort auch ein paar Outings (erst als lesbisch/bi später als trans). Für mich war die Hemmschwelle dafür nicht ganz so groß, weil ich das Glück habe, in meinem restlichen Umfeld und in meiner Familie viel Rückhalt zu bekommen. Wenn dein gesamtes Umfeld sehr christlich ist, kann ich mir vorstellen, dass es nochmal eine größere Herausforderung ist.
Wahrscheinlich kannst du selbst am besten einschätzen, wie dein Umfeld reagieren könnte. Denn auch innerhalb der christlichen Community gibt es ja sehr verschiedene Strömungen und Kreise, die sich sicher auch in ihrer Einstellung zu queeren Themen unterscheiden.
Falls es in deinem Umfeld einzelne Personen gibt, bei denen du dir vorstellen könntest, dass sie positiv auf dein Coming Out reagieren, würde ich mich bei diesen zuerst outen. Dann kannst du dich schonmal auf die Unterstützung einzelner Personen verlassen und bist nicht allein, falls andere aus deinem Umfeld blöd reagieren sollten.
Ich persönlich habe auch bei meinen Outings bei meinen christlichen Freund*innen eher gute Erfahrungen gemacht. Ich dachte, es macht dir vielleicht Mut, das zu hören 🙂
Diese Personen hatten zwar bis dahin quasi keinen Bezug zu queeren Themen, es kam in ihrer Welt sozusagen bis dahin nicht vor und entsprechend hatten sie auch nie Anlass, sich damit auseinanderzusetzen. Sie haben mir aber viel Interesse entgegengebracht und sich mir zuliebe wirklich mit dem Thema beschäftigt. Das hat mir viel bedeutet.
Letztendlich haben sie mich respektiert und unterstützt, obwohl sie für sich persönlich Unsicherheiten hatten, inwiefern sich Queerness mit ihrem Glauben vereinbaren lässt. Dass sie mich als Person kennen und schätzen und weiterhin für mich da sein wollen, hat sozusagen mehr Gewicht als die theoretische theologische Fragestellung.
Manchmal fühlt es sich für mich schon verletztend an, dass etwas, was einfach ein Teil von mir ist und worauf ich endlich stolz sein kann, überhaupt zur Diskussion gestellt wird. Aber letztendlich ist für mich entscheiden, dass ich mich von den Personen respektiert und wertgeschätzt fühle, und das ist der Fall.
Ich wünsche dir viel Kraft und viel Mut für deinen Weg und dass die Personen in deinem Umfeld dich so akzeptieren und lieben, wie du bist!