Kummerkastenantwort 5.746: Ich habe Angst davor, doch hetero zu sein und doch trans zu sein

Heyyy

ich weiss gerade irgendwie nicht was mit mir los ist. ich bin ein mädchen, zumindest denke ich das, und habe eine freundin. aber ich habe halt oft angst das ich doch hetero sein könnte und ihr damit wehtun könnte. außerdem hoffe ich manchmal wenn ich durch die stadt gehe das leute mich sehen und nicht sofort denken das ich ein mädchen bin. ich habe auch irgendwie angst davor trans zu sein.



ich finde eure arbeit richtig gut und ihr habt mir schon oft geholfen

Heyyo,

erstmal danke, dass du uns das so offen schreibst! Es freut mich sehr, dass wir dir in der Vergangenheit schon öfters geholfen haben.
Entschuldige bitte, dass die Antwort so lange gebraucht hat.

Dass du eine Freundin hast und dir manchmal Sorgen machst, ob du vielleicht doch hetero bist – das zeigt, dass dir eure Beziehung wichtig ist und dass du sie nicht verletzen willst. Aber Gefühle und Identitäten sind nicht immer eindeutig oder festgelegt. Es ist normal, dass man sich unsicher fühlt oder Dinge hinterfragt. Wichtig ist, was du gerade jetzt empfindest – und das scheint ja zu sein, dass du sie liebst oder ihr zumindest sehr nah bist.
Die romantische / sexuelle Orientierung einer Person kann sich mit der Zeit verändern und das ist auch in Ordnung. Dass damit aber in Beziehungen Unsicherheiten verbunden sein können, ist auch sehr verständlich. Das ist ein Gefühl, das viele queere Menschen kennen: diese Angst, dass man sich vielleicht „irrt“, dass man nicht „queer genug“ ist oder dass man jemanden verletzt, weil man sich selbst nicht sicher ist. Aber weißt du was? Gefühle sind komplex. Liebe kann ganz unterschiedlich aussehen und sich auf verschiedene Weisen zeigen. Dass du diese Gedanken hast, bedeutet nicht automatisch, dass deine Gefühle für sie nicht echt oder wertvoll sind.

Du hast auch geschrieben, dass du manchmal hoffst, dass Leute dich nicht sofort als Mädchen wahrnehmen – und gleichzeitig hast du Angst, trans zu sein. Diese Angst ist total nachvollziehbar, gerade in einer Gesellschaft, die trans* Menschen noch immer nicht vollständig akzeptiert. Obwohl mit dem Selbstbestimmungsgesetz (seit 2024 in Kraft) endlich wichtige rechtliche Schritte gemacht wurden, erleben trans* Menschen immer noch Diskriminierung und Feindlichkeit. Es ist kein Wunder, dass der Gedanke an ein trans Sein mit Angst verbunden ist – nicht, weil etwas an dir falsch wäre, sondern weil unsere Gesellschaft noch nicht dort ist, wo sie sein sollte. Denn überall macht die Gesellschaft Rückschritte, wird wieder trans- und queerfeindlicher. Das ist etwas, dass Menschen, die sich gerade mit ihrer Identität auseinandersetzen oder sich in dieser schon sicher sind, viel Angst machen kann und für Unsicherheiten sorgt.

Aber: Du darfst sein, wer du bist – auch wenn du noch gar nicht weißt, wie das genau aussieht. Du musst dich niemandem sofort erklären. Deine Gefühle sind echt, deine Fragen sind wichtig, und dein Weg darf kompliziert, langsam und widersprüchlich sein. Auch wenn das für dich selbst nicht leicht ist, ist es leider nicht ungewöhnlich, dass dieser Weg mit so vielen Gefühlen besetzt ist.

Wenn du das Gefühl hast, dass du mit jemandem sprechen möchtest, gibt es viele Anlaufstellen und Communities, die Unterstützung bieten – bei uns gibt es beispielsweise – je nachdem, wie alt du bist, den Regenbogenchat oder den Queer Chat.

Und wenn du irgendwann merkst, dass sich etwas verändert – in dir, in deiner Beziehung, in deinem Verständnis von dir selbst – dann heißt das nicht, dass du heute „falsch“ liebst. Es heißt nur, dass du lebst und wächst.


Queere Grüße, Kay

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