Kummerkastenantwort 307 – Was kostet eine Mastektomie und wie kommen nichtbinäre Leute da ran?
Hi!
Ich bin Leo und ich hab ein Problem… Ich bin nicht binär (afab) und ich hab echt extrem mit dysphorie zu kämpfen. Ich weiß, dass es in Deutschland so gut wie gar keine Möglichkeit gibt als non-binary eine Mastektomie von der Krankenkasse bezahlt zu bekommen, oder? Jetzt würde ich mich fragen wie viel das kosten würde wenn man das selbst zahlen würde? Ich kann irgendwie nichts richtig rausfinden, bis jetzt war im Internet von 500/800 bis 8000€ alles dabei… Natürlich wäre letzteres für mich so gut wie unmöglich. Könnt ihr mir da vielleicht weiterhelfen? Oder gibt es möglicherweise doch die Chance dass die Krankenkasse das übernimmt – trotz nicht binärem Geschlecht?Ich hoffe ihr wisst vielleicht etwas mehr, ich weiß ihr habt gerade echt viel zu tun hier deswegen kann ich verstehen wenn es ein bisschen dauert aber ich freu mich trotzdem schon auf die antwort!
Und danke für eure Möglichkeiten hier!
Leo
Hallo Leo,
ja, es ist als nichtbinäre Person in Deutschland recht schwierig, von der Krankenkasse eine Mastektomie genehmigt zu bekommen – aber bei weitem nicht unmöglich!
Zuerst mal zum Selbstzahlen: Die variierenden Preise, die du gefunden hast, kommen vermutlich daher, dass da jeweils unterschiedliche Leistungen mit einberechnet werden oder eben nicht – es geht ja nicht nur um die Operation selbst, sondern auch um einen danach folgenden Krankenhausaufenthalt, vorangehende Ärzt*innengespräche, Materialkosten für die Nachbehandlung, und evtl. Kosten für Nachsorge oder weitere OPs. Wie viel das selbstzahlend letztlich tatsächlich kostet, kommt meist auf die Klinik und die*den Chirurg*in an – das beste ist also, dort direkt nachzufragen und dich auch entsprechend zu informieren, welche Leistungen in diesem Betrag alle enthalten sind.
Dazu kommt allerdings auch, dass selbst bei Selbstzahlung viele Chirurg*innen noch ein entsprechendes Indikationsschreiben/Gutachten zu deiner „Diagnose“ als trans Person wollen, d.h. auch das musst du mit beachten.
Inzwischen bekommen aber auch viele nichtbinäre Menschen von Krankenkassen ihre Mastektomien genehmigt. Teilweise geben sich nichtbinäre Menschen einfach vor ihren Krankenkassen und manchmal auch vor den Chirurg*innen als binäre trans Männer aus – damit wärst du auf jeden Fall auf der sicheren Seite. Auch eine Möglichkeit ist es, vage zu bleiben, wenn du dein Geschlecht und deine Dysphorie beschreibst – also einfach immer zu betonen, dass du nicht weiblich bist, dass deine Brust dir schlimme Dysphorie gibt usw., ohne jemals zu sagen, dass du männlich oder nichtbinär bist. Auch das kann funktionen.
Faktisch gesehen erkennen inzwischen die meisten psychologischen und psychiatrischen Organisationen an, dass auch nichtbinäre Menschen Dysphorie empfinden können und entsprechende Behandlung verdienen. Es gibt bereits neue Richtlinien, nach denen definitiv auch nichtbinären Menschen Hormonbehandlungen, Masteks und andere medizinische Maßnahmen zustehen – offiziell treten die zwar erst 2022 inkraft, aber teilweise wird auch schon danach behandelt.
Was ich persönlich am hilfreichsten finde ist: Zum einen Unterstützung und Austausch mit anderen nichtbinären Menschen finden. In Facebook- und WhatsApp-Gruppen, auf Discord-Servern und auf verschiedenen Social Media-Plattformen tauschen sich viele nichtbinäre Menschen über genau solche Fragen und Vorgänge aus. Nichts hilft mehr, als hören zu können, wie solche Dinge bei anderen Menschen praktisch abgelaufen sind. Oft gibt es auch in deiner Umgebung lokale Gruppen, Stammtische, Beratungsstellen oder andere Stellen, wo du dich informieren kannst. Zum anderen ist es immer das Beste, eine*n Psychotherapeut*in zu haben, dier auf deiner Seite ist. Klar ist es auch möglich, dem*der Therapeut*in vorzugaukeln, binär trans zu sein, aber es ist sehr viel schwieriger. Und es gibt viele Therapeut*innen, die Nichtbinarität als Teil von Transsein anerkennen und die nichtbinäre Menschen unterstützen beim Anträge schreiben, Informationen einholen etc.
Falls du dich noch informieren willst, nach welcher Leitlinie sich momentan viele Behandelnde richten, dann hat der BundesVerband Trans hier eine einfache und übersichtliche Erklärung dazu.
Ich wünsche dir bei diesem Weg viel Erfolg und hoffe, dass du eine Möglichkeit für dich findest, diese Mastektomie zu bekommen.
Viele Grüße und alles Gute,
Balthazar