Kummerkastenantwort 417 – Dürfen mir meine Eltern mein Coming Out in der Schule verbieten?

Hallöchen,
Ich bin transgender und bei meinen Eltern geoutet.
Sie sind aber nicht tolerant und ich würde mich trotzdem gerne in der schule outen auch wenn sie mich nicht unterstützen. Ich weiß halt nicht ob ich das einfach so machen kann auch wenn sie mir es verbieten und mir nicht bei der Transition unterstützen. Ich bin noch minderjährige deswegen bin ich ja auf meine Eltern abgewiesen.
Ihr macht ihr super Arbeit wollte ich nur Mal sagen das hilft vielen Menschen.
Tschau

Hallo,

in dieser Antwort treffen Theorie und Praxis etwas unschön aufeinander.

Theorie

In der Theorie ist die Antwort ganz einfach: Ja, du kannst das machen. Du kannst in der Schule dein Coming Out haben, egal was deine Eltern davon halten. Per Gesetz ist es so, dass Eltern für ihre Kinder sorgen dürfen und müssen – das schließt explizit ein, dass sich Eltern um das körperliche, geistige und seelische Wohl ihrer Kindern kümmern müssen. Wenn du trans bist, ist für den Wohl sehr wohl von zentraler Bedeutung, das anderen zu erzählen und dementsprechend auch so zu leben. Mit dem selben Argument dürfen sie dir prinzipiell also auch eine Transition nicht verweigern – wobei eine medizinische Transition in Deutschland immer erst mit dem erwachsen werden beginnt. Davor werden Pubertätsblocker verschrieben, um die gravierendsten Folgen einer möglichen “falschen” Pubertät aufhalten zu können. Aber wiedemauchsei: Das ist für dein seelisches Wohl essentiell und von daher dürfen deine Eltern dir das prinzipiell nicht verwehren.

Praxis

Jetzt fragst du berechtigt: Ist ja schön, was da im Gesetz steht, aber was nützt mir das? Und hier wird’s jetzt ernüchternd. Theoretisch kann ein Gericht deinen Eltern verbieten, dass sie verhindern, dass du Pubertätsblocker bekommst, wenn sie nicht einsichtig sind, ihnen in der Sache auch das Sorgerecht entziehen. Aber: Das ist langwierig. Das kostet im Zweifel Zeit. Und es ist ein Gericht. Das kostet am Ende auch Geld. Und völlig unabhängig davon, ist es halt schon eine riesige Nummer die eigenen Eltern zu verklagen. Schwierig.

Und nun?

Wie weit du in der Sache gehen willst, liegt bei dir. Vielleicht reicht es auch schon, dass du weißt, dass du das alles darfst (und deine Eltern nicht dürfen, entsprechend) und du mit ihnen darüber reden kannst. Vielleicht hilft es auch, in einer etwas größeren Runde, zum Beispiel mit einem*r Vertrauenslehrer*in und deinen Eltern dein Coming Out in der Schule zu besprechen, um deine Eltern so zu überzeugen. Oder du sagst am Ende, wenn alles nichts hilft, dass du dein Recht eben durchsetzt. Wäre einfacher alles, wenn sich Eltern an Gesetze halten würden.

Ich hoffe, ich konnte dir einen groben Überblick über die Lage geben. Beachte, dass wir keine Anwält*innen sind und somit keine verbindlichen Rechtsauskünfte geben können. Wie auch immer du dich entscheidest: viel Erfolg!

Wir planen aktuell auch einen Blogartikel zu diesen Fragen, schau doch einfach in zwei Wochen nochmal in unserem Blog vorbei.
Xenia

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