Kummerkastenantwort 401 – Bin ich trans?

Hi,
Ich habe gelesen, dass ihr viel zu tun habt und viele Fragen kommen. Deshalb tut mir das auch leid, aber ich habe dennoch Fragen und möchte darüber schreiben. Ich versuche mich so kurz wie möglich fassen. Vorab, ich mag eure Seite sehr und ich mag das Einhorn.
Ich habe mir glaube ich alles zu den Themen genderfluid, queergender, non-binary und trans durchgelesen. Mir ist klar, dass ihr mir nicht sagen könnt was ich bin.
Ich bin AMAB und es war zumindest von meinem Verhalten her jetzt nicht „typisch männlich“, mir ist bewusst, dass man das nicht sein muss. Es war immer seit meiner Kindheit in meiner Vorstellung die Frage, wie wäre es ein Mädchen/ Frau zu sein und dann manchmal auch, wäre ich doch jetzt ein Mädchen /Frau. Gleichzeitig war und ist es auch so, dass ich eindeutig männlich aufgewachsen bin das männliche per se nicht komplett ablehne. Dennoch fühle ich mich nicht wirklich als männlich. Ich liebe zum Beispiel meinen Bart und der passt auch zu mir. Ich hoffe das schließt sich mit allem anderen nicht aus.
Ich lese viel und dabei ist es bei fiktionalen Texten so, ich kann mich viel besser mit weiblichen Figuren identifizieren und sagen, ja das kenne ich so, oder so habe ich auch schon gefühlt.
Ich denke, dass ich in irgendeiner Form trans bin, aber ich vermute nicht als trans Frau.
Mir wäre am liebsten es gäbe überall Unisex-Toiletten, dort fühle ich mich wohl. Ich fühle mich nämlich zunehmend unwohl in den Toiletten die mir zugeschrieben werden, bis jetzt ist es noch keine Angst. Was kann ich mache, weil eine Toilette nicht benutzen, kann und möchte ich nicht.
Ihr schreibt oft auch vom ausprobieren und in diesen Fällen häufig vom Aussehen. Ich würde es gerne machen, weiß aber nicht genau wie.
Aus irgendeinem Grund habe ich Angst, dass meine Gefühle gerade alle fake sind. Das kann ich aber nicht glauben, da es sich von der Intensität mit der ich mich mit der Thematik auseinandersetze und allem sehr ähnlich verhält und anfühlt wie zu dem Zeitpunkt als ich mir über meine Bisexualität bewusst wurde. Da ich aber nicht wieder ewig das alleine mit mir ausmachen möchte schreibe ich euch. Ich weiß, über Pronomen und ähnliches habe ich noch nichts gesagt, bin mir da am unsichersten. Deshalb fände ich es gut wenn ihr mich mit meinem Namen ansprecht. Auch das ist ein Ausprobieren, mir würde es gefallen mit Antonia angesprochen zu werden. Ich bin 25, falls das wichtig ist. Ich hoffe das ergibt alles irgendwie Sinn.

Liebe Grüße

Antonia

Hallo Antonia,

das kommt mir alles sehr bekannt vor, du bist also nicht alleine. Meiner Erfahrung nach: Wer so viel über sein Geschlecht, seine Pronomen, Namen, Identitäten und “alles” nachdenkt, ist meistens nicht cis. Die wenigsten cis Personen grübeln so viel darüber nach, nur um dann festzustellen, dass alles okay ist. Denn, wenn alles okay ist, dann muss ja nicht gegrübelt werden. (Ich merke ja auch erst beim Schnupfen, dass eine freie Nase so unfassbar großartig ist). Deine Gefühle sind also nicht fake, sondern valide. Und du führst ja auch viele, gut durchdachte Gründe an, warum sich unterschiedliche Dinge für dich so oder anders anfühlen.

Ein Bart schließt sich überhaupt nicht damit aus, nichtbinär oder genderfluid zu sein (und falls du Instagram nutzt, es gibt ganz großartige Menschen, die unter #genderfluid #nonbinary oder #queer ihre Bärte zeigen). Deine Identität ist unabhängig von deinem Aussehen valide, du kannst Kleider, Nagellack High-Heels und Bart kombinieren und dabei cis, trans oder genderfluid sein. Aber sonst gibt es auf den sozialen Netzwerken viele trans und nichtbinäre Personen, die Tipps und Tricks weitergeben, wie das Aussehen zu “Passing” (also der Wahrnehmung von außen als das gewünschte binäre Geschlecht) verändert werden kann.

Bei den Toiletten bin ich ganz bei dir, das würde wirklich vieles vereinfachen! Leider sind wir noch nicht so weit. Bis dahin ist es der Struggle, der uns alle begleitet – aber grundsätzlich gilt, dass du das Recht hast, auf die Toilette zu gehen, die sich für dich passend anfühlt. (Ob 1 dafür auch den Mut aufbringt, steht leider auf einem anderen Blatt. Vor der Problematik scheitere ich selbst immer noch.)

Ich hoffe, ich konnte ein bisschen helfen und wünsche dir viel Kraft auf deinem weiteren Weg.

Fluff.

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