Kummerkastenantwort 915: Ich möchte mich an meiner Schule outen

Hey,

ich bin Emilia und ich bin mir jeden Tag sicherer dass ich ein Mädchen bin. Darüber habe ich schon mit meinen Eltern und Bruder geredet und das läuft super. Nächstes Jahr beginne ich eine Therapie für Blocker. Das wäre so wichtig wenn das klappt.
Ich möchte eigentlich in der Schule sagen wer ich bin. Davor habe ich etwas angst. Ich weiß von einem trans Jungen an meiner Schule und die Leute in der Klasse haben schlimm reagiert. Ich weiß nicht ob er überhaupt noch da ist. Deswegen habe ich angst davor, aber deadnaming und falsche Pronomen und alles ändere wäre auch schlimm.
Ich habe schon neue Kleidung gefunden, nur noch keine Unterwäsche. Kann ich einfach die nehmen die mir gefällt? Tucking geht nicht da ich einen Leistenbruch hatte.
Ist es ok dass ich schon ein Bustier oder Bh möchte obwohl ich noch keine Brüste hab?
Ich weiß dass ich keine Periode bekomme aber ich glaube es würde mich dennoch euphorisch machen wenn ich manchmal Slipeinlagen oder Binden in die Unterwäsche legen würde. Ist das seltsam?
Bisher wissen auch meine Freunde nicht dass ich ein Mädchen bin. Wie erzähle ich denen das ohne die zu erschrecken. Bei meiner Familie war das irgendwie ganz leicht. Das jetzt aber nicht.

Liebe Grüße

Hallo Emilia,

die Sache mit der Schule ist die: Wenn du da kein Coming Out hast, kennen die Leute nur deinen Deadname und können nichts anderes als den nutzen. Wenn du eines hast, könnten sie. Das heißt, rein für die Möglichkeit, dass Menschen das richtig machen können, müsstest du da ein Coming Out haben. Mit dem Wissen, dass das für eine andere Person schonmal nicht funktioniert hat, ist das allerdings schwierig. Wahrscheinlich ist es eine gute Idee, dich vorher mal mit deinem*r Klassenlehrer*in zu unterhalten, und zu schauen, ob sie bereit ist, dich zu unterstützen. Genauso auch für engere Freund*innen in deiner Klasse. Denn mit ein paar Verbündeten sind viele Dinge häufig einfacher. Wenn die Schule von vornherein klar macht, dass sie dich nicht unterstützen will (ja, das ist ein will können würde sie nämlich), dann kannst du immer noch mit deinen Eltern überlegen, die Schule notfalls zu wechseln. Das Ding ist: du hast ein Recht darauf, mit deinem Namen und deinen Pronomen angesprochen zu werden. Und manchmal brauchen wir dazu leider noch Umwege.

Rund um Klamotten gilt: Ja, du darfst Dinge tragen und tun um dich wohlzufühlen. Du kannst beliebige Unterwäsche tragen, die dir gefällt. Wenn du keine Leistenkanäle haben solltest, die fürs Tucking wichtig wären, kannst du immer noch versuchen das irgendwie lose reinzupacken oder einfach Unterwäsche drüber und schauen, dass nichts rausschaut. Das geht schon alles irgendwie. Das gleiche gilt für BHs und Binden. Wenn es dir hilft, wenn es dir Dysphorie nimmt, Euphorie oder gute Gefühle gibt, dann spricht da nix dagegen.

Zuletzt. Große Dinge Freund*innen zu erzählen kann super schwierig sein, das verstehe ich sehr gut. Vielleicht ist es für dich einfach(er) das nacheinander zu machen, dir Coming Outs für bestimmte Tage vorzunehmen oder einfach alles auf dich zukommen zu lassen. Eine allgemeine Antwort für “so geht das entspannt und funktioniert” gibt es leider in dem Sinn nicht. Für einige ist es einfacher Briefe zu schreiben, andere schicken Sprachnachrichten, treffen sich persönlich, videochatten – es gibt super viele Möglichkeiten für das wie. Auch für das, was gesagt wird, gibts wahrscheinlich so viele Varianten, wie es Menschen gibt, die trans sind. Und es gibt keine, die automatisch besser oder einfacher ist. Ich möchte dir aber Mut machen. Versuchs. Das sind deine Freund*innen, auch deshalb, weil es die Menschen sind, mit denen du dich verstehst. Das sind die, die dich noch am ehesten verstehen werden. Trau dich.

Liebe Grüße
Xenia

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