Versachlichung Teil 8 – Kinder, Blocker und Hormone

Die Situation für trans Personen hat sich in den letzten Jahren stark verbessert, auch wenn „stark verbessert“ immer noch größtenteils sehr schlecht ist. Trans Personen finden auch durch soziale Medien, mehr Gehör. Leider gilt das auch für Transfeind*innen. Die Gesetzentwürfe zu einem Selbstbestimmungsgesetz von der FDP und den GRÜNE, die enorme Verbesserungen bringen würden, rufen jede Menge Transfeind*innen auf den Plan, die diese Gesetze verhindern wollen. Diese geben vor, für den Schutz von Frauen und Kindern zu kämpfen, aber in Wirklichkeit sind sie nur von Hass auf trans Personen getrieben. Zum Glück sind sie nicht besonders kreativ und bringen immer wieder die gleichen Argumente. Die Häufigsten werden hier aufgeführt und mit Studien, Zahlen und Fakten widerlegt. Und das in der Sachlichkeit, deren Fehlen trans Personen immer vorgeworfen wird, die Transfeinde bisher aber noch nicht vorzuweisen geschafft haben. Die meisten Argumente beziehen sich auf die Entwürfe zum Selbstbestimmungsgesetz, das allerdings 2021 im Bundestag abgelehnt wurde, ergänzend dazu gibt es noch ein paar, die vor allem von TERFs (Trans Exclusionairy Radical Feminists) häufig gebracht werden.

Sarah setzt sich zusammen mit ihrer Frau bei den Grünen für das Selbstbestimmungsgesetz ein. Dafür hat sie sich viel mit dem Gesetzentwurf und den transfeindlichen Gegenargumenten beschäftigt. Dass die häufigsten Einwände und Gegenargumente jeglicher Fakten entbehren zeigt sie in dieser Reihe. Für Feedback und Kommentare könnt ihr sie unter sarah@queer-lexikon.net erreichen.

Heute: „Kinder ab 14 Jahren dürfen ohne Erlaubnis ihrer Eltern das Geschlecht wechseln und bekommen OPs und Hormone. Das kann schlimme Risiken für psychische und körperliche Gesundheit haben. Pubertätsblocker sind nicht reversibel, es kann zu Knochenschäden und Unfruchtbarkeit kommen.“

Transition bei Jugendlichen

Trans Kinder sind stark von ihren Eltern abhängig und können bisher ohne deren Einverständnis keine Transitionsschritte unternehmen. Dies führt zu einer extrem hohen Depressions- und Suizidrate. 74 % der trans Jugendlichen wurden mit Depressionen diagnostiziert, 48 % haben schon einen Suizidversuch begangen (mehr dazu). Sie werden täglich von den Menschen misgendert, die sie eigentlich beschützen sollen. Da sie keine Namensänderung ohne ihre Eltern vornehmen können, werden sie oft auch in der Schule misgendert. Offizielle Dokumente tragen den falschen Namen und das falsche Geschlecht. Trans Kinder und Jugendliche benötigen einen besonderen Schutz, da sie besonders gefährdet sind. Ihnen die Möglichkeit zu geben, auch ohne das Einverständnis ihrer Eltern eine Namensänderung vorzunehmen, ist lediglich das Minimum, um diesen Schutz zu gewährleisten. Es ermöglicht es ihnen zumindest außerhalb ihres zu Hause in ihrem Geschlecht anerkannt zu werden.

Ein Selbstbestimmungsgesetz würde es trans Jugendlichen ermöglichen, selbst zu entscheiden, wie sie leben wollen, ohne von ihren Eltern abhängig zu sein. Medizinische Maßnahmen können sie aber immer noch nicht einfach so in Anspruch nehmen. Es bedarf weiterhin der Erlaubnis ihrer Eltern oder eines Familiengerichtes.

Wenn trans Kinder und Jugendliche in ihrer Transition unterstützt werden, verringert sich ihr Depressions- und Suizidrisiko und unterscheidet sich nicht mehr signifikant von der allgemeinen Bevölkerung in dieser Altersgruppe (mehr dazu, noch mehr, noch mehr). Transition bei Kindern heißt aber nicht, dass gleich Hormone gegeben und Operationen durchgeführt werden. Vielmehr ändern die Kinder Namen, Kleidung, Haarschnitt etc., sodass sie als das Geschlecht wahrgenommen werden, das sie sind. Erst mit Eintritt der Pubertät werden Pubertätsblocker gegeben, die verhindern, dass die Jugendlichen die falsche Pubertät durchlaufen müssen.

Frühestens mit 16 Jahren und wenn sich Patient*in und behandelnde Ärzt*innen sicher sind, werden Hormone gegeben. Frühestens operiert wird mit 18 (mehr dazu). Bis dahin ist alles noch absolut reversibel. Während der Gabe von Pubertätsblockern ist es möglich, dass eine Zunahme von Knochenmasse, sowie ein üblicher Wachstumsschub, wie sie normal in der Pubertät stattfinden, ausbleiben. Sobald die Blocker abgesetzt werden, oder mit einer Hormontherapie begonnen wird, setzen die Zunahme der Knochenmasse und der Wachstumsschub ein. Ein Unterschied zu Jugendlichen ohne eine solche Behandlung kann nicht mehr festgestellt werden.

Bei trans Mädchen fällt durch die Gabe von Östrogenen der Wachstumsschub geringer, bei trans Jungen durch die Gabe von Androgenen stärker aus, sodass die Größe von trans Jugendlichen näher am Durchschnitt ihres tatsächlichen Geschlechts liegt (mehr dazu). Auch wenn sich Jugendliche erst später bei einem*einer Ärzt*in vorstellen, bekommen sie Hormone nicht sofort, sondern sie müssen sich, genau wie Erwachsene, erst einen längeren Zeitraum in Therapie befinden (mehr dazu).

Fazit

Mit dem Absetzen der Pubertätsblocker geht die Pubertät einfach ganz normal weiter. Risiken für die körperliche Gesundheit sind gering. Es ist allerdings keineswegs so, dass einfach alle Jugendlichen sofort Pubertätsblocker bekommen, wenn sie bei Ärzt*innen vorstellig werden. Nur die Jugendlichen, die sich über einen längeren Zeitraum sicher sind, dass ihnen das falsche Geschlecht zugewiesen wurde, erhalten Pubertätsblocker. Deshalb ist auch die Zahl derer, die Pubertätsblocker erhalten und anschließend Hormone nehmen, so hoch.

Trans Kinder wissen wer sie sind und sollten auch so behandelt werden. Die falsche Pubertät zu durchlaufen bringt hingegen tatsächlich irreversible Folgen wie Stimmbruch oder Bartwuchs bei trans Mädchen oder Brustwachstum bei trans Jungen mit sich. Diese Änderungen müssen dann im Erwachsenenalter langwierig, schmerzhaft und teuer, sowie mit erheblich größeren Risiken wieder rückgängig gemacht werden. Pubertätsblocker werden auch bei cis Kindern eingesetzt, deren Pubertät zu früh beginnt. Nach Absetzen der Blocker läuft die Pubertät einfach ganz normal weiter.

Risiken für die psychische Gesundheit entstehen nicht durch eine Transition, sondern durch mögliche Diskriminierung, die die Kinder erleben. Eine frühe Änderung des Namens und Geschlechtseintrages verringert das Risiko der Diskriminierung, da ein Outing nicht mehr in jedem neuen Umfeld nötig ist. Auch die falsche Pubertät zu durchlaufen, kann zu Depressionen führen. Pubertätsblocker schützen trans Jugendliche davor.

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