Versachlichung Teil 9 – Risiken und Nebenwirkungen

Die Situation für trans Personen hat sich in den letzten Jahren stark verbessert, auch wenn „stark verbessert“ immer noch größtenteils sehr schlecht ist. Trans Personen finden auch durch soziale Medien, mehr Gehör. Leider gilt das auch für Transfeind*innen. Die Gesetzentwürfe zu einem Selbstbestimmungsgesetz von der FDP und den GRÜNE, die enorme Verbesserungen bringen würden, rufen jede Menge Transfeind*innen auf den Plan, die diese Gesetze verhindern wollen. Diese geben vor, für den Schutz von Frauen und Kindern zu kämpfen, aber in Wirklichkeit sind sie nur von Hass auf trans Personen getrieben. Zum Glück sind sie nicht besonders kreativ und bringen immer wieder die gleichen Argumente. Die Häufigsten werden hier aufgeführt und mit Studien, Zahlen und Fakten widerlegt. Und das in der Sachlichkeit, deren Fehlen trans Personen immer vorgeworfen wird, die Transfeinde bisher aber noch nicht vorzuweisen geschafft haben. Die meisten Argumente beziehen sich auf die Entwürfe zum Selbstbestimmungsgesetz, das allerdings 2021 im Bundestag abgelehnt wurde, ergänzend dazu gibt es noch ein paar, die vor allem von TERFs (Trans Exclusionairy Radical Feminists) häufig gebracht werden.

Sarah setzt sich zusammen mit ihrer Frau bei den Grünen für das Selbstbestimmungsgesetz ein. Dafür hat sie sich viel mit dem Gesetzentwurf und den transfeindlichen Gegenargumenten beschäftigt. Dass die häufigsten Einwände und Gegenargumente jeglicher Fakten entbehren zeigt sie in dieser Reihe. Für Feedback und Kommentare könnt ihr sie unter sarah@queer-lexikon.net erreichen.

Thema heute: „Medizinische Transitionsmaßnahmen, wie die Gabe von Hormonen, Operationen an Genitalien, Brust oder eine Hysterektomie können Nebenwirkungen wie Depressionen, Leberschäden oder Unfruchtbarkeit zur Folge haben. Die Nebenwirkungen sollen verschwiegen werden, trans Menschen sind dann lebenslang von Medikamenten abhängig.

Unfruchtbarkeit, Abhängigkeit von Medikamenten, verschwiegene Risiken?

Die Entfernung von Eierstöcken oder Hoden führt unweigerlich zu Unfruchtbarkeit. Allerdings ist dies eine Entscheidung, die trans Personen selbstbestimmt treffen können. Diese Operationen werden nicht an Kindern durchgeführt, sondern frühestens mit 18 Jahren. Trans Menschen müssen selbst über ihren Körper bestimmen können. Gemeinsam mit ihren Ärzt*innen wägen sie Nutzen und Risiken einer Behandlung ab und dann eine informierte Entscheidung treffen können.

Das Suizid- und Depressionsrisiko von trans Personen ist stark erhöht im Vergleich zu cis Personen, eine Hormontherapie und gewünschte Operationen verringern dieses Risiko enorm (mehr dazu, noch mehr, noch mehr, noch mehr).

Grundsätzlich haben alle Medikamente Nebenwirkungen, sofern sie eine Wirkung haben. Es gilt immer Nutzen und Risiko abzuwägen. Dies muss jedoch immer eine Entscheidung zwischen Patient*in und Ärzt*in bleiben.

Nebenwirkungen wie Depressionen können zwar auftreten, doch durch eine Änderung von Dosis oder Präparat verschwinden diese meist wieder. Dagegen treten ohne Behandlung viel mehr Depressionen auf.

Auch Leberschäden sind in seltenen Fällen möglich, wenn Hormome oral eingenommen werden. Doch die Einnahme von Hormonen wird streng überwacht. Trans Personen müssen regelmäßig ihre Blutwerte und ihre Organe untersuchen lassen, sodass hier gleich gehandelt und auf ein anderes Präparat (Gel oder Pflaster) umgestiegen werden kann, wenn Leberschäden auftreten. So werden die Hormone über die Haut aufgenommen und passieren nicht die Leber (mehr dazu).

Was stattdessen wichtig ist:

Die Lösung kann hier nicht sein, den Zugang zu lebensrettenden Behandlungen zu erschweren, sondern die Forschung zu fördern, sodass sicherere Medikamente zur Verfügung stehen.

Ein Selbstbestimmungsgesetz ändert nichts an der medizinischen Versorgung von trans Personen. Ärzt*innen halten sich immer noch an Behandlungsrichtlinien. Selbst, wenn einzelne Ärzt*innen diese umgehen, verlangt die Krankenkasse immer noch eine gesicherte Diagnose, um die Behandlung zu übernehmen.

Ein Selbstbestimmungsgesetz, das zu mehr Akzeptanz von trans Personen führen kann, wird also nicht dazu führen, dass unüberlegt medizinische Maßnahmen durchgeführt werden. Im Gegenteil kann Akzeptanz dafür sorgen, dass trans Personen selbstbestimmt, ohne Druck durch die Gesellschaft, medizinische Entscheidungen treffen können.

Es findet auch grundsätzlich eine umfassende Beratung zu allen medizinischen Maßnahmen statt und das soll auch weiterhin so bleiben. Es ist wichtig, dass Entscheidungen informiert und selbstbestimmt getroffen werden, hierzu ist Aufklärung ein wichtiger Bestandteil. Dass die lebenslange Gabe von Hormonen notwendig ist, ist zwar richtig, aber das trifft auch auf Diabetiker*innen zu. Wenn die medizinische Versorgung sicher gestellt ist und Ärzt*innen über trans Gesundheit aufgeklärt sind, sodass sie die korrekten Vorsorgeuntersuchungen anbieten, gibt es keinen Grund, warum die lebenslange Einnahme von Hormonen ein Nachteil sein sollte.

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