Versachlichung Teil 12 – Von der Translobby und den Pharmaunternehmen

Die Situation für trans Personen hat sich in den letzten Jahren stark verbessert, auch wenn „stark verbessert“ immer noch größtenteils sehr schlecht ist. Trans Personen finden auch durch soziale Medien, mehr Gehör. Leider gilt das auch für Transfeind*innen. Die Gesetzentwürfe zu einem Selbstbestimmungsgesetz von der FDP und den GRÜNE, die enorme Verbesserungen bringen würden, rufen jede Menge Transfeind*innen auf den Plan, die diese Gesetze verhindern wollen. Diese geben vor, für den Schutz von Frauen und Kindern zu kämpfen, aber in Wirklichkeit sind sie nur von Hass auf trans Personen getrieben. Zum Glück sind sie nicht besonders kreativ und bringen immer wieder die gleichen Argumente. Die Häufigsten werden hier aufgeführt und mit Studien, Zahlen und Fakten widerlegt. Und das in der Sachlichkeit, deren Fehlen trans Personen immer vorgeworfen wird, die Transfeinde bisher aber noch nicht vorzuweisen geschafft haben. Die meisten Argumente beziehen sich auf die Entwürfe zum Selbstbestimmungsgesetz, das allerdings 2021 im Bundestag abgelehnt wurde, ergänzend dazu gibt es noch ein paar, die vor allem von TERFs (Trans Exclusionairy Radical Feminists) häufig gebracht werden.

Sarah setzt sich zusammen mit ihrer Frau bei den Grünen für das Selbstbestimmungsgesetz ein. Dafür hat sie sich viel mit dem Gesetzentwurf und den transfeindlichen Gegenargumenten beschäftigt. Dass die häufigsten Einwände und Gegenargumente jeglicher Fakten entbehren zeigt sie in dieser Reihe. Für Feedback und Kommentare könnt ihr sie unter sarah@queer-lexikon.net erreichen.

Heute: Die Translobby und Pharmaunternehmen profitieren an Gendermedizin

Von der Lobby

Es gibt keine mächtige Translobby. Wenn es die gäbe, dann hätte sie ein Selbstbestimmungsgesetz schon lange und in vielen Ländern durchgesetzt. Die allermeisten trans Menschen sind auch nicht reich. Im Gegenteil, sie sind auch von Diskriminierung bei der Jobsuche betroffen. Wenn sie dann einen Job gefunden haben, dann macht Diskriminierung am Arbeitsplatz es schwerer macht, diesen zu halten. Dazu kommen noch psychische Probleme wie Depressionen. Diskriminierung und mangelhafte medizinische Versorgung ermöglichen oder verstärken diese. All dies führt dazu, dass der Anteil an trans Menschen unter der Armutsgrenze doppelt so hoch ist, wie in der Gesamtbevölkerung (mehr dazu). Eine reiche und mächtige Translobby würde auch das verhindern.

Und den Pharmaunternehmen

Ein häufig genanntes Beispiel, für reiche trans Personen, ist Martine Rothblatt. Sie ist im Vorstand des Pharmaunternehmens United Therapeutics. Ihr wird vorgeworfen, an der medizinischen Versorgung von trans Menschen zu verdienen. Ebenso wird der Pharma-Industrie als solche vorgeworfen, daran zu verdienen. Nun kann man natürlich kritisieren, dass Pharmaunternehmen im Kapitalismus an der medizinischen Versorgung von Menschen viel Geld verdienen. Hier jetzt aber die Versorgung von trans Menschen besonders herauszugreifen macht keinen Sinn. Die Medikamente, die trans Personen bekommen können, wurden nicht speziell für sie entwickelt. Estradiolpräparate wurden für cis Frauen entwickelt, die durch die Hormonumstellung in den Wecheljahren starke Beschwerden haben. Testosteronpräparate wurden für cis Männer entwickelt, die nicht ausreichend selbst Testosteron produzieren.

Hormone gibt es für trans Personen nur off-label, da es speziell für sie keine offizielle Zulassung gibt. Wäre die Translobby so mächtig und die Behandlung von trans Personen so profitabel, wären diese Medikamente auch für sie zugelassen. Aber trans Personen machen nur einen kleinen Teil des Umsatzes dieser Präparate aus. Pharmaunternehmen verdienen also nicht in besonderem Maße an ihnen. Martine Rothblatt verdient ebenfalls nicht an der medizinischen Versorgung von trans Personen. Als Vorständin von United Therapeutics gehört sie zwar sicher nicht dem Teil der trans Personen an, die unter der Armutsgrenze leben. Aber eine einzelne reiche Person ist noch kein Beweis für eine mächtige Translobby.

United Therapeutics ist zudem auf Medikamente für Lungenkrankheiten sowie die Herstellung von künstlichen Organen spezialisiert, von „Gendermedizin“ ist das sehr weit entfernt. Zudem sollte es zu denken geben, wenn ausgerechnet einer jüdischen Frau vorgeworfen wird von irgendetwas finanziell zu profitieren.

Gendermedizin

Kleine Randnotiz hier noch zum Ende. Gendermedizin bedeutet eigentlich “geschlechtsspezifische Medizin”. Das ist ein häufig vernachlässigter Fachbereich, in dem es unter anderem darum geht, zu erforschen und nachzuvollziehen ob und wieso Medikamente abhängig vom Geschlecht anders wirken. Bei häufig unsachlich vorgetragener Kritik an irgendetwas, das trans Personen helfen kann, dagegen meint es abwertend ungefähr alles, was eine medizinische Transition ermöglichen kann.

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