Kummerkastenantwort 1.990: Bin ich vielleicht doch nicht lesbisch?

Lieber Kummerkasten,
Mit 17 habe ich mich Hals über Kopf in meine beste Freundin verliebt. Wirklich stark, ich kann also ganz sicher sagen, dass ich auf Frauen stehe. In einem einjährigen Prozess habe ich mich schließlich als Lesbe gelabelt. Zu Beginn dachte ich, ich sei bi, doch dies hat sich nicht richtig angefühlt. Irgendwie hat für mich viel in meinem Leben mit der Erklärung Sinn gemacht, dass ich nicht auf Männer stehe, so zum Beispiel dass ich bis ich verstanden habe dass ich auf Frauen stehe keinen Bezug zu Themen wie Liebe, Sex, Sexualität und Intimität hatte. Mehrere Monate lang dachte ich, ich hätte es jetzt endlich geschafft meine Identität zu finden, da sich alles wie Puzzleteile zusammengefügt hat.
Jetzt bin ich wieder am zweifeln.
Die Gefühle für meine beste Freundin habe ich jetzt nach über einem Jahr überwunden. Diese Sicherheit lesbisch zu sein ist seitdem weg. Wenn ich hetero Sexszenen in Filmen sehe, finde ich diese oft anziehend. Auch im echten Leben löst es Dinge in mir aus, wenn Männer sexuelle Dinge sagen, charmant sind oder besonders dominant oder ich merke, dass ich ihnen gefalle. Jetzt bin ich unsicher, ob ich nur auf diese dominante Rolle stehe, da ich auch auf jeden Fall auf dominante Frauen stehe, oder ich Männer doch attraktiv finde, wenn vielleicht auch anders als Frauen. Gleichzeitig finde ich ‘männliche’ Körper nicht attraktiv, ‘weibliche’ Züge und Energie an Männern jedoch schon (als ich dachte ich sei hetero habe ich immer gesagt ich stehe auf feminine Männer lol). Richtig vorstellen, mit einem Mann tatsächlich Intimität zu teilen, kann ich mir nicht, während das bei Frauen für mich völlig klar ist (nichtbinäre Personen habe ich noch nicht kennen gelernt, aber ich denke dass es sich da von Person zu Person unterscheidet). Jetzt weiß ich nicht, wie ich diese merkwürdige Anziehung einordnen soll. Dass ich eine Frau bin ist auch zu 100% sicher für mich. Sollte ich mein Label hinterfragen?

Hallo!

Erstmal finde ich es super, dass du aufmerksam in dich hineinhörst und schaust, was dir selbst gut tut und für dich passt und was nicht.

Viel mehr als genau das zu tun, kannst du eigentlich auch nicht machen.

Unsere Anziehung und sexuelle Orientierung kann sich manchmal verändern, oder wir lernen neue Dinge über uns selbst. Das ist ganz normal. Du kannst also dein Label hinterfragen, wenn du das möchtest und auf die Suche nach einem neuen gehen. Du darfst dich auch weiterhin lesbisch nennen, auch wenn deine Anziehung manchmal nicht genau dazu zu passen scheint.

Vielleicht macht es auch Sinn, über deine sexuelle und deine romantische Orientierung getrennt nachzudenken? Schau dazu mal das hier an.

Ich wünsche dir alles Gute!

Liebe Grüße,

Annika

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