Kummerkastenantwort 2.076: Ist das normal, dass sich Dysphorie bei sonst gleichen Bedingungen nur ausdrückt, wenn man nackt ist?

(CN: afab Dysphorie)
Hi,
erstmal: vielen Dank für eure Antwort auf meine Frage (Antwort 1166), das hat mir echt sehr geholfen und mittlerweile identifiziere ich mich u.a. als demi-trans und non-binär, auch weil ich trans-spezifische Erfahrungen nur teilweise teile, weil ich keine Dysphorie empfinde und kein Bedürfnis nach Transition habe.
Dachte ich zumindest. Teilweise wölbt sich meine Jacke irgendwie so, dass meine Brüste total riesig aussehen und das fühlt sich einfach nur schrecklich an, wie so ein Glitch irgendwie. Sie sind eigentlich für mein inneres Empfinden perfekt dimensioniert, zumindest wenn ich Kleidung trage, auch wenn diese eng anliegt.

Oberkörperfrei fühlen sie sich an wie Anhängsel, die irgendwie mit Saugnäpfen oder so an meiner eigentlich flachen Brust befestigt sind und eines Tages mache ich plopp, plopp, sie sind weg und alles ist normal, nichts baumelt mehr da vorne rum, aber die Dysphorie hier ist nicht so schlimm wie das was ich am Anfang geschildert hatte.

Ist das normal, dass sich Dysphorie bei sonst gleichen Bedingungen nur ausdrückt, wenn man nackt ist?
Ich würde auch voll gerne einen Bart haben oder es zumindest mal ausprobieren und ich spüre auch einfach etwas männliches in mir. Ich denke, bigender könnte als Label zu mir passen, aber ich frage mich, ob ich nicht ein trans Mann bin aber das passt auch nicht ganz zu mir und ich weiß nicht inwieweit diese Weiblichkeit die ich fühle nur das Ergebnis gesellschaftlicher Einflüsse ist, ich bin einfach verwirrt.

Mittlerweile würde ich (wie oben angedeutet) schon irgendwie gerne transitionieren, aber ich wohne in einer ländlichen Gegend, wo ich mich eigentlich super wohl fühle und ich habe Angst davor, wie ich wahrgenommen werde, was andere für Urteile über mich bilden, weil ich will nicht irgendwie als “besonders” oder “anders” wahrgenommen werden, sondern einfach als ich, aber als geoutete nicht binäre Person nicht als besonders wahrgenommen zu werden ist schwer.
LG, W.

Hallo W.,

Dysphorie ist kein Wettbewerb. Es gibt “normal” und keine Regeln. Wenn dich Dinge nur dysphorisch machen, wenn du nackt bist, dann ist das so. Das macht deine Erfahrung nicht weniger valide und nicht weniger bedeutend für dich. Die genauen Details, was worüber einzelne Personen Dysphorie haben können, sind so individuell und verschieden, wie die Menschen, die sie empfinden.

Noch ein Gedanke zum eher ländlichen Leben: über irgendwen werden sich da wohl immer irgendwelche Gedanken gemacht werden. Ich bin selbst in einer ländlichen Gegend großgeworden und Dinge danach richten, ob das vielleicht was sein könnte, was irgendjemand nicht passt, ist kein sehr fruchtbares Vorgehen. Zum einen weißt du nicht, wem es am Ende nicht passen würde und ob die Person das überhaupt mitbekommt. Zum anderen gibts ja auch keine Regeln, was tatsächlich störend auffällt. Du bist ja auch nicht verpflichtet, irgendjemand zu erzählen, was du für deine Transition tust oder nicht tust. Insofern würde ich, auch wenns schwer fällt, versuchen das erstmal auszublenden und genauer herausfinden, was du für dich ausprobieren möchtest.

Liebe Grüße
Xenia

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