Kummerkastenantwort 2.716: Ist es normal als trans Person Zweifel zu haben?

Hello 🙂

Ich bin mir im Moment ein bisschen unsicher, denn ich frag mich, ob es „normal ist“, als Trans Personen Zweifel zu haben. Ich probiere im Moment he/him aus und werde meine Eltern bald wegen einen Binder fragen, was sich sehr gut anfühlt. Ich struggel schon seit 2 Jahren mit meinem Geschlecht und weiß immer noch nicht so recht, ob ich ein Junge oder doch „nur“ Genderqueer oder Non binär bin. Ich hab Angst, das ich irgendwann Zweifel bekomme, und das ich verschiedene Schritte bereue. Wann ist man sich sicher? Oder ist man das immer, wenn man Trans ist. Vielen Freunden die Queer sind, hat man das schon früher „angemerkt“ und sie wirken immer so sicher. Das bin ich nicht. Wie kann man das werden? Ich finde es halt schwer mit ihnen drüber zu reden, deswegen frage ich hier.
Vielen Dank und liebe Grüße von einem verwirrten Mensch

Guten Tag,

für viele Personen, die nicht cis sind, ist Unsicherheit ein ständiger Begleiter. Davon abhalten lassen, rauszufinden, wie du zur besten und glücklichsten Version von dir selbst werden kannst, solltest du dich aber nicht. Eine Menge Dinge, die du probieren kannst, kannst du auch jederzeit wieder sein lassen und dann hat sich so gesehen nichts geändert, außer, dass du was über dich gelernt hast. Kleidung zum Beispiel. Selbst Binder oder Frisuren, Stil – geht beliebig hin und her. Dann gibt es eine Menge Dinge, die sich teilweise umkehren, wenn du wieder aufhörst. Die ersten Monate würde auch eine Hormontherapie in der Regel nichts verändern, was sich nicht wieder komplett verliert, wenn du sie wieder absetzt, weil du merkst, dass es nicht passt. Und: selbst wenn du Dinge tun solltest, die tatsächlich nicht umkehrbar sind, ist das kein kompletter Untergang, es ist vor allem keine Situation, die wir verteufeln sollten. Wieso nicht? Weil wir damit die Situation, in der Personen sind, bevor sie Transitionsmaßnahmen starten, als super schlecht darstellen: Auch die finden sich in einer Situation wieder, wo ihr Körper an Stellen schlicht nicht das tut oder so ist, wie es für sie besser wäre und sie das, wenn überhaupt, mit viel Aufwand ändern können.

Auch: nicht alle queeren Personen sind so sicher, wie sie nach außen wirken. Eine gewisse Sicherheit wird häufig von queeren Personen erwartet. Dass ihnen geglaubt wird, dass sie medizinische Maßnahmen beginnen können, dass sie ihren Personenstand ändern können. Dadurch wird leider häufig erwartet, nach außen sehr sicher aufzutreten. Was es gerade für Menschen, die in ihrem Queersein unsicher sind, besonders schwer machen kann.

Aber nochmal: Du hast ein Recht, zur besten und glücklichsten Version von dir zu werden. Du hast ein Recht dich auszuprobieren und du hast auch ein Recht, Fehler zu machen. Ob es anders besser ist, findest du häufig erst raus, wenn du es ausprobierst. Das hilft zwar nicht beim sicherer werden, wenn Dinge erst im Nachhinein, wenn überhaupt, sicher sein können. Trotzdem: du darfst, auch wenn du unsicher bist, ausprobieren, und unsicher zu sein, macht dich nicht weniger trans, nicht weniger nicht-binär, nicht weniger genderfluid.

Liebe Grüße
Xenia

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