Kummerkastenantwort 3.600: Die transfeindlichen Äußerungen meiner Mutter haben mich verunsichert

Meine Mutter hat mir gestern erzählt, dass 70% aller biologischen Mädchen, die sich als trans identifizieren, gar nicht trans sind, sondern irgendwie andere Probleme haben, zum Beispiel mögen sie ihren Körper nicht, wegen der Schönheitsideale oder so. Sie fühlen sich allerdings schon trans.
Sie hat das nur gesagt, weil sie nicht möchte, dass ich eine Entscheidung treffe, die ich bereue (zum Beispiel die geschlechtsangleichende Operationen, die ich eh erst machen würde, wenn ich älter bin).
Jetzt habe ich Angst, dass ich mir das alles nur einbilde, da die Mädchen, die nicht trans sind, sich ja trotzdem so fühlten.
Ich identifiziere mich auch erst seit 1 1/2 Jahren als trans, und habe mich in meiner Kindheit sehr als Mädchen gefühlt. Ich habe früher auch immer befürchtet, dass ich mir das nur einbilde, aber mit der Zeit hielt ich das für immer unwahrscheinlicher. Nun ist diese Angst wieder zurück.
Was ist, wenn ich mir das alles nur einbilde und ich gar nicht trans bin?
LG Mars (eure Arbeit hier ist wirklich sehr hilfreich und ich bin euch sehr dankbar)

Hallo Mars,

da liegt deine Mutter halt sachlich falsch. Diese Zahl basiert auf einer Studie, die eine völlig alberne Rechnung anstellt. Und die geht so: Man nehme eine Klinik, die trans Jugendliche behandelt. Nehme alle Jugendlichen, die in einem Zeitraum da einen Erst-Termin hatten, und versucht dann 5 Jahre später, die alle wieder ausfindig zu machen, ob sie tatsächlich trans sind. und diejenigen, die tatsächlich trans sind, geteilt durch die gesamte Anzahl von vor 5 Jahren gibt dann die „echte Transquote“.

Das Problem hier: Menschen werden da vorstellig, auch wenn sie unsicher drüber sind, ob sie trans sind, eben um Sachen abzuklären, weil da Expert*innen sind, die mehr Fachwissen haben, als niedergelassene Praxen anderswo. Die Annahme, dass alle Personen, die da Ersttermine haben, zu dem Zeitpunkt davon ausgehen, dass sie trans sind, ist also schon mal falsch.

Das nächste Problem: Menschen ziehen um, Menschen ändern Vornamen oder Nachnamen. Im Rahmen der Erhebung konnten manche der Personen einfach nicht wieder ausfindig gemacht werden. Die zählen hier alle als „nicht-trans“. Sagen wir mal nix weiter zu, außer, dass es offensichtlich unsinnig ist.

Und noch ein Problem: Manche Menschen sind trans und haben keinen regelmäßigen Kontakt zu Ärzt*innen. Zum Beispiel, weil sie keine Hormone nehmen. Und das ist okay. In dieser Statistik wären also auch nicht erfasst.

Also: Die siebzig Prozent bedeuten was, aber nicht das, was Menschen behaupten, was sie bedeuten. Sie bedeutet vor allem, dass Menschen nicht in der Lage sind, die Erhebung von Zahlen nachzuvollziehen. It’s a bunch of nonsense.

Oh, eins noch. Wenn es dir mit etwas gut geht. Zum Beispiel damit, dass du sagst, dass du trans bist, dass du dir einen anderen Namen, andere Pronomen raussuchst, und das jetzt in diesem Moment das richtige für dich ist, ist das schon eine Menge und sehr gut. Wenn das in 5 Jahren anders ist: wen kümmerts? In fünf Jahren kann sich eine Menge verändern, also was soll das. Du weißt wer du bist. Besser als irgendwer sonst das wissen könnte.

Liebe Grüße
Xenia

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2 Antworten

  1. Anonymous sagt:

    Heyy,
    habt ihr einen Link zu dieser Studie?
    Ich habe Spaß daran, mir so etwas durchzulesen und mich darüber zu ärgern.
    Liebe Grüße

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