Kummerkastenantwort 4.931: Jemand hat mir gesagt, ich wirke nicht-binär.

Hey:)

Dumme Frage aber vor kurzem hat eine Person geäußert, dass sie mich nicht als typische Frau oder typischen Mann wahrnimmt. (Da ich eine Schauspielausbildung mach kam das Thema auf bei einem Prüfungsfeedback). Bzw dass ich nicht in das “typische Klischee” von einer Frau, aber auch nicht eines Mannes passe. Das hat mich ein wenig verwirrt, weil ich weiß, dass ich keine typische Weiblichkeit ausstrahle, mich mit maskulinem Wohl fühle aber dennoch kein Mann sein will. Sie meinte ich wirke auf sie non- binär.

Was heißt das bzw was denkt ihr zu dieser Aussage?

Hej,

ich meine dazu, dass da zwei Sachen ineinander verwoben sind, die unabhängiger von einander existieren können, aber gesellschaftlich bedingt das häufig nicht sind. Ich taste mich da von Richtung Schauspiel mal argumentativ hin. Schauspielerei basiert ja nicht drauf, dass Leute einen Text auswendig lernen und dazu wie sie sich über die Bühne bewegen. Um wirklich in eine Rolle zu gehen, kommen Kostüme und Gestik und Mimik und Intonation und eine Menge mehr dazu. Und das sind eben auch Aspekte, die diese Gesellschaft für Geschlecht beziehungsweise Geschlechtspräsentation nutzt. Vieles davon ändert sich immer wieder und ist nicht super eindeutig. Make-Up und Kleider sind aber zum Beispiel sehr stark mit Frau-sein verbunden bei uns. Genauso auch Aspekte davon wie geredet oder gesprochen wird. Ein Bewusstsein über diese Rollen und die typische Präsentation von Geschlecht kann für Schauspiel super nützlich sein. Gleichzeitig ist Geschlechtspräsentation nicht Geschlecht. Nicht notwendigerweise. Ein Mann könnte alle Dinge tun, die eine Gesellschaft eigentlich für Frauen vorsieht und würde dadurch nicht zur Frau. Aber er müsste sie vermutlich dafür erlernen und sich erarbeiten.

Und hier wird’s dann tricky. Wirkst du nicht entsprechend dieser Klischees, weil du dich eben in Schauspiel übst und ausprobierst, oder wirkst du nicht ihnen entsprechend, weil du eigentlich selbst ein ganz anderes Geschlecht hast, und sowieso dein ganzes Leben nur irgendwas zumindest teilweise spielst? Und wenn, ja fändest du das raus?

Es mag Leute geben, wo in den Gedanken so großartig was zu gewinnen ist. Ich würde hier was anderes überlegen: Wieso denkst du so sehr über dieses Feedback nach, wieso fragst du (auch hier) um Gedanken und Ideen dazu? Suchst du Bestätigung, dass das gar nicht sein kann? Erhoffst du dir die Zusage, dass das bestimmt so ist? Hier kommen wir auf einen geheimen Leitsatz: Je mehr Leute über ihr Geschlecht nachdenken, desto unwahrscheinlicher ist, dass sie cis sind.

Liebe Grüße
Xenia

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Eine Antwort

  1. Pia Louis sagt:

    Hallo,
    ich würde noch ergänzen, dass ich solche Beobachtungen von außen immer als Angebote sehen würde.
    Andere Personen können dich, abhängig von deiner Geschlechts(nicht)präsentation verschiedensten Geschlechtsidentitäten zuordnen. Aber am Ende entscheidest du, ob diese Zuschreibungen für dich stimmig sind.
    Du entscheidest, ob du eine Frau bist, die auf stereotype Weiblichkeit pfeift oder ob du in irgendeiner Form nichtbinär bist.
    Ich wünsche dir viel Spaß auf diesem Weg!

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