Kummerkastenantwort 4.548: Ich fühle mich unwohl damit, wie ich wahrgenommen werde. Was kann ich tun?

Hallo!
Ich (19) bin nichtbinär und bin mir dessen schon seit einigen Jahren sicher. Ich habe immer wieder Probleme mit meinem Körper und mein größtes ist, dass ich afab bin, aber eigentlich eher als männlich gelesen werden möchte. Momentan mache ich für Außenstehende wahrscheinlich am ehesten den Eindruck “maskulines Mädchen”, aber ich würde viel lieber wie ein femininer Mann auftreten (mit femininen Sachen werde ich aber natürlich auch direkt falsch gelesen und das bereitet mir Dysphorie).
Zum Beispiel vermeide ich Kleidungsstücke wie Kleider, obwohl ich eigentlich nicht abgeneigt wäre, diese zu tragen, aber halt nur, wenn ich als männlich wahrgenommen werden würde.
Ich weiß nicht ganz, wie ich damit umgehen soll, und ich bin immer ziemlich neidisch, wenn ich (u.a. cis-) Männer sehe, die sich femininer kleiden.
Was kann ich tun? Wäre eine Hormontherapie das Richtige? Ich bin mir sehr unsicher, aber ich weiß, dass ich mich auf Dauer so, wie ich jetzt bin, unwohl fühle.
Dankeschön 🙂

Hallo!

Das, was du beschreibst, kann ich gut nachfühlen und ich kann mir vorstellen, dass die Situation für dich gerade sehr anstrengend und schwierig ist.

Es ist so: durch eine Hormonersatztherapie mit Testosteron würde sich dein Körper in eine typisch “männliche” Richtung entwickeln. Das würde dazu führen, dass du ggf. (nach genug Zeit auf Testosteron) auch mit typisch “weiblichen” Outfits etc. als männlich gelesen würdest – zum Beispiel, weil eine tiefe Stimme, Bartwuchs, und bestimmte Körperformen eben von den meisten Menschen als männlich gelesen werden, selbst, wenn das Outfit eigentlich typisch “weiblich” ist. Das, was du willst, wäre also vermutlich erreichbar. Es gäbe allerdings auch dann Leute, die dich misgendern, und höchstwahrscheinlich auch Leute, die sich durch dein Erscheinungsbild gestört fühlen und sich entsprechend scheiße dir gegenüber verhalten. (Das soll nicht heißen: “Tus nicht, sonst sind Leute gemein zu dir” – Das soll nur heißen: Wenn du es tust, wirst du vermutlich noch einmal sichtbarer queer sein, und das bedeutet auch mehr Queerfeindlichkeit im Alltag. Und es ist gut, darauf vorbereitet zu sein.)

Völlig unabhängig davon, wie Leute auf dich reagieren, solltest du dir, bevor du dich für Testosteorn entscheidest, aber überlegen, ob du selbst die körperlichen Veränderungen durch Testosteron wirklich möchtest. Am Ende musst du mit deinem Körper leben – und deswegen ist auch am wichtigsten, was du von deinem Körper möchtest. Wenn du dir vorstellen kannst, dass du dich mit einer tieferen Stimme, Bartwuchs, stärkerer Körperbehaarung und den anderen Veränderungen, die Testosteron auslöst, wohl fühlst – dann ist es vermutlich einen Versuch wert. Wenn du dir das allerdings nicht wirklich vorstellen kannst, ist Testo vermutlich nicht das richtige für dich.

Liebe Grüße und viel Glück,
Elias

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