Kummerkastenantwort 5.347: Ich bin ftm und verzweifelt, weil ich mich bei niemandem outen kann.

Hallo,

ich wollte mich erst einmal bedanken für eure Arbeit. Ihr habt mir schon sehr geholfen.

Also zu mir:

Ich bin 14 Jahre alt (fast 15) und trans ftm. Ich fühle mich als Mädchen schon lange Zeit nicht besonders wohl, aber ich dachte mir lange nichts dabei. Bis vor kurzem habe ich mich als genderfluid gelabelt, aber ich habe jetzt gemerkt, dass ich einfach kein Mädchen sein möchte. Ich trage zwar schon nur Klamotten aus der Jungs Abteilung und habe auch keine komplett langen Haare, jedoch werde ich nur als Mädchen gesehen. Ich habe momentan kein sonderlich gutes Verhältnis zu meinen Eltern, weshalb ich mich erstmal nicht bei ihnen outen möchte. Ich habe meinen drei besten Freundinnen davon erzählt, jedoch habe ich das Gefühl, dass sie es mit Absicht ignorieren. Eigentlich haben sie gesagt, sie hätten kein Problem damit, aber sie sagen ständig ich bin ihre Freundin und benutzen für alles die weibliche Form. Ich habe einen weiblichen Namen, mit dem ich mich absolut nicht wohl fühle, aber ich kann meine Freunde nicht bitten mich anders zu nennen, da es ja sonst noch niemand weiß. Ich schaffe es einfach nicht, meinen Freunden zu sagen, das sie mich misgendert haben und dass sie es bitte anders machen sollen. Ich traue mich nicht. Ich fühle mich mit allem unwohl, was auch nur ansatzweise weiblich an mir ist. Ich bin ruhiger geworden, weil ich meine Stimme nicht mehr hören kann. Ich trage nur oversized-Hoodies um meine Brust selbst nicht zu sehen. Ich trage zwei Sportbustiers übereinander, damit man nichts sieht. Ich weiß, es ist nicht gesund, aber ich kann nicht anders. Ich habe keine Möglichkeit an einen Binder zu kommen, da meine Eltern ja nichts wissen und ich alleine nichts bestellen kann. Ich weiß einfach nicht, wie ich es schaffen soll, weiterhin mit meinem weiblichen Namen, Pronomen und meinem Körper zu leben.

Es tut mir wirklich sehr leid, dass die Nachricht so lang geworden ist, aber ich bin euch sehr dankbar für die Arbeit die ihr leistet.

Hallo!

Du hast auch super lange auf eine Antwort gewartet. Danke für deine Geduld.

Erstmal verstehe ich total, wie schlimm diese Situation gerade für dich ist. Das klingt wirklich nicht angenehm – die ganze Zeit auf Sparflamme sein ist ja für niemanden schön.

Du kannst versuchen, dir einen Plan zu überlegen. Nicht von heute auf morgen, aber generell.
Dieser Plan kann/sollte beeinhalten:

  • Mit deinen Freundinnen zu reden, wie wichtig dir ist, dass sie dich zumindest privat richtig gendern. Ihr könnt auch miteinander abmachen, dass du sie immer korrigierst, ihr könnt euch süße Pronomen Schilder machen – wie ihr wollt. Für deine Freundinnen ist das Thema ja vermutlich auch sehr neu, weshalb sie vielleicht nicht damit umzugehen wissen. Aber wenn sie möchten, dann kriegt ihr das zusammen hin.
  • Oute dich, langfristig, bei deinen Eltern. Das aber nur, wenn du weißt dass du bei ihnen sicher bist. Wenn du Gewalt, psychischer oder physischer Art befürchten muss, kann es sicherer sein sich nicht zu outen. Teste die Wasser – erwähne solche Theman mal, oder, wenn du dir sicherer bist, leg ihnen mal die Broschüre zur Begleitung von trans Jugendlichen hin. Wir haben auch eine Broschüre, mit der du dein Coming Out ein bisschen planen kannst.
  • Such dir erwachsene Unterstützung: einen Lehrer, einen Schulsozialarbeiter, jemand in einem Verein in dem du bist. Jemand dem du dich öffnen kannst und der dir zuhört, der dich bei deinen Plänen unterstützen kann.
  • Wenn du mal ein paar queere potentielle Freund*innen brauchst, dann schau im Regenbogen Chat vorbei. Oder bei einer queeren Jugendgruppe in deiner Nähe.

Ich wünsche dir, das es bei dir bergauf geht!

Liebe Grüße,
Kim

Das könnte dich auch interessieren …

Schreibe einen Kommentar

Deine E-Mail-Adresse wird nicht veröffentlicht.