Kummerkastenantwort 5.697: Ich bin vielleicht ein trans Junge, aber verunsichert
Hi, liebes Team!
Ich melde mich jetzt schon zum fünften Mal und kann euch nur noch mal sagen, wie toll ich das Queer Lexikon finde. Vielen, vielen Dank, dass ihr das macht.
Ich (AFAB, 13) hinterfrage seit ca. 2 Jahren mein Geschlecht und momentan identifiziere ich mich als trans Mann bzw. Junge.
Ich habe allerdings ein Problem.
Ich war mit meiner Mutter und meinen beiden jüngeren Geschwistern bei einer Veranstaltung mit Übernachtung. Dort waren auch ein paar Kinder, die mich unter meinem alten Namen kannten, aber ich habe mich mit meinem neuen Namen vorgestellt und alle haben es akzeptiert. Aber meine Schwester hat zu einer Person, die mich davor nicht kannte gesagt:“Sie heißt „eigentlich“ [Deadname].“ Ich denke, es war eh allen klar, dass nicht schon von Geburt an alle gewusst haben, dass ich ein Junge bin, aber es hat mich trotzdem verletzt.
Außerdem habe ich das Gefühl, dass mir alle klar machen wollen, dass mich Leute nicht akzeptieren werden und ich deshalb mit dem Coming Out noch warten und alles ganz genau planen soll. Warum soll ich falsch angesprochen werden, nur weil irgendwelche Leute blöd reagieren könnten?!
Ich komme auch mit dem Schulpsychologen nicht gut zurecht. Ich habe das Gefühl, dass er mir so rhetorische Fragen stellt, wie:“Was würde sich durch ein Outing ändern?“ Dann habe ich das Gefühl, er möchte, dass ich sage:“Eigentlich nichts, außer, dass ich von manchen Leuten richtig angesprochen werde.“ Und dass er mich dann dazu bringen möchte, mich später zu outen. Die alte Schulpsychologin (die dann schwanger geworden ist) war da irgendwie viel offener und meinte auch, dass ich mich dann irgendwann entscheiden könnte, in welchen Sportunterricht, auf welche Toilette etc. ich gehen möchte. Der neue Schulpsychologe sagt, dass es da keine Möglichkeit gibt, woanders hinzugehen, als da, wo man bei der Geburt hingesteckt wurde. (Also nicht wörtlich, sondern vom Sinn her.)
Soll ich das akzeptieren, was die sagen?
LG Felix 🌈😊Hi, liebes Team!Ich finde das richtig, richtig cool, was ihr hier macht, und wie ihr mir auch schon geholfen habt.Ich habe gerade eben schon eine Frage abgeschickt, aber es wurde dann zu lang.Ich (AFAB, 13) hinterfrage seit ca. 2 Jahren mein Geschlecht und aktuell passt trans Mann am besten.Ich wollte fragen, ob es normal ist, dass sich die besten Pronomen so anfühlen, als ob gleich jemand kommen würde und sagen:“Die Pronomen dieser Person sind eigentlich […].“ und sich dann alle entschuldigen und so. Muss ich mich erst noch an die Pronomen und den Namen gewöhnen? Wie fühlen sich „richtige“ Pronomen und der „richtige“ Name überhaupt an?Ich fühle mich allgemein mit allem nicht so richtig angekommen, aber etwas besseres finde ich halt auch nicht. Macht es dann überhaupt Sinn, sich zu outen? Ich möchte das unbedingt machen, aber dann kommen immer wieder die Zweifel…Ich fühle mich von meiner Mutter auch richtig seltsam behandelt. Sie sagt immer, sie akzeptiert mich und alles, aber dann sagt sie auch so was wie:“[Deadname], du wirst dich darauf einstellen müssen, dass die Leute dich nicht richtig ansprechen werden.“ Das ist mir bewusst, mach es halt erst mal selber richtig!Kann es sein, dass ich da ein bisschen überreagiere und sie einfach noch Zeit braucht? Aber ich habe auch ein Recht darauf, richtig angesprochen zu werden und nur weil das anders ist, als alle denken, kann ich doch trotzdem kommunizieren!LG Felix 🌈😊
Hallo Felix,
Du hast vollkommen recht, dass schlechte Reaktionen deinem Coming-Out nicht im Weg stehen sollten. Andere Personen können immer schlecht reagieren (auch ohne Coming Out), und dadurch, dass dir das bewusst ist, kannst du dich darauf vorbereiten, so dass dich diese Reaktionen nicht vollkommen aus der Bahn werfen. Auch deinem Umfeld ist bewusst, dass es schlechte Reaktionen geben kann, aber dein Umfeld (besonders auch deine Mutter / Familie) sollte dir nicht im wegstehen, sondern dich unterstützen und dich aufbauen nach einer solchen Situation und sich mit dir freuen, wenn es positive Reaktionen gibt.
Ein Coming-Out ist ja auch nicht einfach dafür da, dass Leute deinen Namen/Pronomen/Label kennen, sondern ja auch eine Selbstoffenbarung. Du verrätst, den Leuten, mit denen du viel Zeit verbringst, die dir wichtig sind, etc. etwas über dich, weil du es möchtest.
Im Laufe deines Lebens wirst du dich nicht jedem Fremden auf der Straße gegenüber outen, aber Freunden etc. schon, eben aus genau diesem Grund.
Im Endeffekt, wie, wo, wann und bei wem du dich outest, ist alleine deine Entscheidung.
Dass das deine Entscheidung sein sollt, wem du wann was über die erzählst, solltest du vielleicht auch deiner Schwester im Bezug auf diese Veranstaltung sagen und betonen, dass es verletzend und übergriffig war.
So weit ich weiß, gibt es keine „offizielle“ Regelung dazu, auf welche Toilette / Sportunterricht / etc. du gehen „musst“ oder darfst in der Schule, dementsprechend muss die Schule dafür selber eine Regelung (im besten Fall mit dir zusammen) finden. Vielleivht gibt es an deiner Schule auch ein*e Lehrer*in, von der du Unterstützung und ein gutes Wort bei der Schulleitung bekommen kannst.
Alles Gute
Joshua