Kummerkastenantwort 595 -Sexualität in Beziehungen verunsichert mich

Hallo liebes Queer-Lexikon,

in meinem Kopf herrscht im Moment das reinste Chaos. Ich merke schon seit sehr langem, dass es bei mir im Thema Liebe anders läuft als bei meinen Freund*innen. Meine letzte Beziehung ist jetzt etwa 6 Monate her und seit dem bin ich wirklich am verzweifeln. Ich habe einen sehr netten Jungen kennengelernt. Ich habe ihn geliebt und er mich auch, aber es ist dann daran gescheitert, dass ich einfach mit einem Schlag von jetzt auf gleich das Interesse verloren habe, als er anfing auch mal auf die schönste Nebenbeschäftigung der Welt anzuspielen. Das ist mir auch schon in der Vergangenheit öfter passiert. Im Prinzip sind alle meine Beziehungen daran gescheitert, dass mein Freund mir Komplimente gemacht hat oder in Richtung Intimitäten ging und bei mir dann völlig das Interesse weg war.

Meine Eltern meinen, es läge daran, dass ich meinen Mr. Right noch nicht gefunden habe oder ich einfach noch nie richtig verliebt war, aber daran zweifle ich, da es bisher wirklich jedes Mal so gelaufen ist. Es ist ja nicht einmal so, als hätte ich kein sexuelles Interesse oder keine Lust auf eine Beziehung. Im Gegenteil! Ich sehne mich sehr danach, aber jedes Mal, wenn ich haben könnte, was ich mir wünsche, dann ist einfach die Luft raus. Es ist fast wie als wenn man einen Schalter umlegt. Es ist extrem schwierig zu erklären. Wie ich schon sagte, möchte ich durchaus eine Beziehung, aber irgendwie ohne alles, was dazu gehört, ohne küssen, ohne kuscheln und (so komisch es auch klingen mag) ohne meinen Partner 24/7 bei mir zu haben. Ich kann auch durchaus mal 2 Wochen komplett ohne meinen Partner auskommen. Das hat auch schon zu Problemen geführt, weil sich mein Partner vernachlässigt gefühlt hat, da ich mich dann einfach mal 2 Wochen überhaupt nicht melde. In der Hinsicht brauche ich eher jemanden auf mentaler Ebene. Auch was Sex angeht ist es kompliziert. Ich will, aber einige Sachen, die die Meisten als selbstverständlich erachten, mag ich nicht, z.B. Oralsex oder Küssen, ebenso ist für mich Sex außerhalb des Kreises meiner Vertrauten einfach unmöglich. Irgendwie will ich alles, aber andererseits auch nicht. Ich weis auch gar nicht so recht, wo ich mich einordnen könnte. Das Einzige was ich weis ist, dass es mich tierisch fertig macht. Mittlerweile ist dies bei mir so ausgeartet, dass ich eine schwere Depression entwickelt habe und ich gar nicht mehr weis wie es noch weiter gehen soll. Ich bin einfach nurnoch extrem unglücklich und ich kann an nichts anderes mehr denken als daran, wie sehr ich mich nach einem Partner sehne, der mich versteht und mit mir umgehen kann. Ich weis schon seit sehr langer Zeit, dass ich Bisexuell bin, aber auf romantischer Ebene kann ich mich überhaupt nicht einordnen. Ich glaube darauf eine Antwort zu haben, würde mir sehr helfen endlich wieder Ruhe in mein Leben zu bekommen. Vielleicht könnt ihr mir dabei helfen.

Liebe Grüße
Dragun

Hallo Dragun,

Ich kann gut verstehen, dass deine Situation dich belastet und schwierig für dich ist. Schließlich bekommen wir in den Medien immer nur Beziehungen gezeigt, in denen alle Beteiligten Sex haben wollen und ihre Partner*innen immer um sich herum haben wollen und so. Dabei kannst du deine Beziehung so gestalten wie du (und deine*e Partner*in) es sich wünschen.

Wenn du keinen Sex willst (oder nur bestimmte Sex-Praktiken), dann ist das in Ordnung so. Es gibt viele romantische Beziehungen, in denen kein Sex statt findet und die Beteiligten sind glücklich damit. Du bestimmst über deinen Körper und niemand sonst.

Für mich hört es sich aber auch so an, als könntest du vielleicht auf dem asexuellen oder aromantischen Spektrum sein – gerade der Teil, deass bei dir schlagartig das Interesse weg ist, wenn es um Sex geht. Ließ dich vielleicht durch ein paar Begriffe in unserem Glossar, vielleicht passt ja davon etwas auf dich?

Ich hoffe, du findest die Begriffe, die zu dir passen und ich wünsche dir alles Gute!

Annika

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