Kummerkastenantwort 628 – wie funktioniert nicht-binärität?

Hi
Ich habe vor kurzem angefangen mich über Nonbinär sein informiert.
Und meine Frage ist überhaupt nicht diskriminierend oder beleidigend gemeint, ich verstehe es einfach nicht genau.
Und zwar verstehe ich, wenn sich trans Personen oder Inter Personen als nonbinär bezeichnen. Meine Frage wäre aber, fühlen sich Nonbinarys in ihrem Körper einfach nicht wohl? Denn sonst würde sich die Identifikation mit dem körperlichen Geschlecht meines Verständnisses nach ja “nur” an Klischees und Geschlechterbezeichnungen hindern.
Ich hoffe das war verständlich und nicht für irgendwen verletzend.
LG ein verwirrtes cis-Mädchen❤

Hi!

Nein, nicht-binär sein hat nicht oder nicht nur mit dem Körper zu tun. Es gibt viele von uns, die körperliche Dysphorie haben, aber bei weitem nicht alle. Wir sind nur nicht, oder nicht nur, oder nicht ausschließlich männlich oder weiblich.

Es gibt oft genug die Nachfrage, ob wir nicht einfach das uns bei der Geburt zugewiesene oder das andere binäre Geschlecht nehmen und uns nicht an die Rollenbilder und Klischees halten könnten. Das Ding ist, sehr sehr viele von uns haben das versucht. Und es geht auch meistens. Irgendwie. Mit Biegen und Brechen. Aber es macht kreuzunglücklich. Es tut ja nicht weh traditionell männliche oder weibliche Dinge zu tun. Es tut weh, als Mann oder Frau gesehen und bezeichnet zu werden. Das bist nicht du. Das passt nicht. Das ist falsch.

Und dann ist da plötzlich eine andere Option. Und es passt plötzlich. Vielleicht auch nicht perfekt, aber besser. Eine sehr gute Metapher dafür ist, dass du ein Leben lang zwischen Schuhen wählen musstest, die viel zu klein oder viel zu groß waren und du denkst, dass Schuhe einfach so sind und unbequem sein müssen. Bis du endlich mal einen passenden findest. Und dann ist es egal, dass Menschen wollen, dass du gefälligst einen Schuh in der Größe 36 oder 45 trägst. Wenn die nicht passen, dann passen die nicht. Nein, auch nicht wenn du dich dabei anders als andere Menschen mit dieser Schuhgröße gibst.

Aber letzten Endes, ist das für jede nicht-binäre Person sehr persönlich und unterschiedlich. Manche wollen ihren Körper verändern, andere nicht. Für die einen ist mit ihrem falsch bei der Geburt zugewiesesen Geschlecht angesprochen ok, für die anderen ist es ok als Teil des anderen binären Geschlechts gewertet zu werden, manche mögen beides und wieder andere hassen beides. Manche wollen so weit wie möglich von dem ihnen bei Geburt zugewiesenen Geschlecht und seinen Klischees weg, andere können sich plötzlich mit Teilen davon anfreunden, die vorher wegen der Verbindung furchtbar waren.

Wir sind kein Monolith. Aber wir sind definitiv nicht einfach nur Teil der binären Geschlechter mit einer Abneigung gegen unseren Körper oder gegen Rollenbilder. Und ja, das ist vielleicht nicht einfach zu verstehen. Aber das liegt daran, dass es nicht einfach ist. Und – das ist nicht beleidigend oder diskriminierend gegenübeer cis Menschen gemeint – du muss nicht verstehen, warum eine Person nicht-binär ist. Es reicht, wenn du es diesem Menschen glaubst. Denn er hat sich da mit Sicherheit mehr Gedanken drum gemacht und eine besseren Einblick in sein Geschlecht, als du von außen jemals haben könntest.

Liebe Grüße
Lir