Kummerkastenantwort 1.022: Meine Partnerperson hat sich als trans geoutet.

Hallo allerseits, 🙂
ich bin seit etwa 1,5 Monaten in einer neuen Partnerschaft. Meine Partnerin ist Amerikanerin und hatte sich mir beim Kennenlernen schon als genderfluid und trans bezeichnet, präsentiert sich momentan aber hauptsächlich noch männlich. Ich bin selbst weiblich und würde mich als cis-hetero bezeichnen. Ich nehme unsere Beziehung als sehr harmonisch wahr und ich habe mich noch nie so wohl mit jemandem gefühlt. Ihr geht es wohl genauso.
Sie hatte mich gebeten neutrale oder weibliche Pronomen zu nutzen und wünscht sich in Zukunft, sich “androgyner” zu kleiden.
Wir kommunizieren hauptsächlich auf Englisch, aber sie lernt momentan auch Deutsch. Im Englischen fällt es mir deutlich leichter die gewünschten Pronomina einzusetzen aber trotzdem fühlt es sich für mich teils sehr ungewohnt an, sie als meine Freundin zu bezeichnen. Sowohl meiner Familie als auch meinen Freunde hat sie sich unter ihrem genderneutraleren gewählten Namen, aber als männlich vorgestellt.
Wir hatten neulich ein Gespräch in welchem wir beide gemerkt haben, dass ich sie hauptsächlich als männlich wahrnehme. Das war für uns beide nicht einfach. Wir haben ausprobiert, wie sich das für sie uns mich anfühlt, wenn sie Kleidung von mir trägt. Ich war von der Situation selbst total überfordert und hatte die Befürchtung, dass ich damit nicht umgehen kann “plötzlich” eine Freundin zu haben. Ich habe mich für sie gefreut, weil ich gesehen habe, dass sie sich viel wohler gefühlt hat und habe mich für meine Reaktion, die sie verletzt hat, sehr geschämt.
Wir standen in diesem Moment kurz vor der Trennung, aber haben uns im Verlauf eines langen Gesprächs dazu entschieden es weiter zu versuchen.
Ich weiß nicht so wirklich was ich momentan tun kann, außer mich mehr darüber zu belesen und mit Freunden zu reden. Ich liebe sie und sehe rational eigentlich keinen Grund, warum das ein Problem für mich sein sollte. Ich bin mir außerdem nicht so sicher, welche Pronomina im Deutschen passen könnten.
Vielen Dank für die Antwort. 🙂

Hallo,

vielen Dank für deine Nachricht und deine Offenheit. Es ist gar nicht so leicht, so reflektiert mit einer solchen Situation umzugehen und ich finde, du machst das bisher super!

Transitionsprozesse sind natürlich auch für Beziehungspersonen Veränderungsprozesse und das darf auch ruhig überfordernd und schwierig sein. Ich finde es total wichtig, auch diese Gefühle zu thematisieren und nicht wegzuschieben weil du sie für falsch hälst. Schön, dass du rational weißt, dass es keinen Grund gibt nicht zusammen zu sein, aber gib deinen Emotionen auch Raum.

Ich finde es richtig gut, dass ihr den Weg noch ein bisschen weiter zusammen gehen wollt und denke das du durch Belesen und Austausch mit anderen schon ganz viel tust. Natürlich können Menschen nicht einfach aus ihrer cis-hetero Verortung aussteigen, aber eins kann daran arbeiten, wie Geschlecht wahrgenommen wird. Wer bestimmt denn, was männlich oder weiblich ist? Wann ist ein Mann ein Mann oder eine nicht-binäre Person nicht-binär? Ich glaube, wenn Menschen ihren Blick auf andere Menschen und Geschlecht ein bisschen verändern können, fallen viele Dinge leichter. Ich kann dir für weitere Recherche z.B. unseren Blogeintrag über Jill und Lena empfehlen. Jill hat auch einen Youtube-Kanal, auf dem Lena in einigen Videos erzählt wie sie Jill’s Transitionsproess erlebt hat. Vielleicht findest du ja etwas hilfreiches darin.

Was die Pronomen deiner Partnerin angeht solltest du das vielleicht mir ihr besprechen und versuchen zu erklären, wie was auf Deutsch klingt und benutzt wird. Wenn sie im Englischen they/them Pronomen nutzt und gerne neutrale Pronomen hätte, dann kannst du ihr vielleicht verschiedene Neopronomen wie nin oder xier vorschlagen, oder über sie ohne Pronomen sprechen (also immer den Namen nutzen). Wenn sie natürlich lieber weibliche Pronomen nutzt, dann kannst du das einfach weiter üben, wie in deiner Nachricht auch schon 🙂

Ich glaube, du machst ganz viel ganz gut und hast eine positive Einstellung zu den Veränderungen, die auf euch zukommen. Nehmt euch die Zeit eure Wünsche und Bedenken miteinander zu teilen, dann kann das auf jeden Fall gut gehen!

Ganz viel Glück für euch und viele Grüße,

Rabia

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