Kummerkastenantwort 1.239: Wie kann ich mich am Besten bei meiner Mutter outen?

Hallo Kummerkastenteam,

Was ihr hier mit eurer Beratung bewirkt und wie vielen Menschen ihr Mut, Hoffnung und Kraft gebt, ist absolut bewundernswert. Ihr habt dafür meinen größten Respekt!

Jetzt zu meiner Frage: Seit ca zwei Jahren habe ich gezweifelt, bis ich mir vor etwa einem Jahr endgültig eingestanden habe lesbisch zu sein. Inzwischen (bin fast 18) fühle ich mich sicher damit und habe mich vor meiner Tante und einer guten Freundin geoutet, die beide positiv und unterstützend reagiert haben.
Mein Plan war eigentlich, mich bei meinen Eltern per Brief vor einer Reise ohne sie zu outen, um ihnen Zeit zum Nachdenken zu geben. Das geht ja nun aufgrund der aktuellen Lage derzeit nicht, so schlimm finde ich es jetzt auch wieder nicht, dass sich mein Comingout nach hinten verschiebt. Wovor ich eigentlich Angst habe, ist nicht die Reaktion meines Vaters, er wird wahrscheinlich eher gut reagieren, sondern die meiner Mutter. Was es nicht besser macht, ist, dass ich ein Einzelkind bin und die Beziehung zu ihnen war immer gut, das will ich nicht gefährden. Meine Tante meinte, als ich sie gefragt habe, wie sie denkt, dass meine Mutter wohl reagieren wird, dass sie wohl zuerst enttäuscht sein wird. Jetzt bin ich mir unsicher, wie ich damit am besten umgehen soll, damit wir beide gut mit der Situation klarkommen.
Hoffentlich war das hier jetzt nicht zu verworren, ein Ratschlag wegen meiner Mutter wäre super.

Vielen Dank schon mal,
Eine dankbare Unbekannte

Hallo!

Erstmal: Ich finde es super, dass du da so überlegt rangehst und dir Gedanken machst, was dir gut tut und wie du die Situation so angenehm für alle machen kannst. Ich freue mich, dass deine Tante und deine Freundin dich unterstützen und positiv reagiert haben.

Dein Plan mit der Reise ist vielleicht nicht schlecht – gleichzeitig ist die Frage, ob deine Mutter ihren Prozess des Klarkommens mit deinem Coming Out wirklich haben kann, wenn du nicht da bist und sie sich mit dir auseinandersetzen kann. Damit meine ich nicht, dass es deine Pflicht ist, da zu sein und diese Enttäuschung auszuhalten – ich kann gut verstehen, dass du für diese Phase weit weg sein willst. Es klingt für mich aber so, als hätte deine Mutter vermutlich viele Fragen und Ängste – die ihr vermutlich nur du beantworten kannst.

Mein Tipp wäre also, dich vielleicht zuerst vor deinem Vater zu outen, der dich dann ggf. unterstützen kann. Und dich darauf vorzubereiten, dass deine Mutter eine Weile brauchen wird, um sich an den Gedanken zu gewöhnen. Je nach dem, was für ein Mensch deine Mutter ist, könntest du ihr ein Buch besorgen oder einen Film aussuchen, damit sie sich weiter mit dem Thema beschäftigen kann. Außerdem ist es sicher eine gute Idee, wenn du für diese Zeit ein bisschen emotionalen Rückhalt hast, z.B. von deiner Tante oder deiner Freundin und Dinge tust, die gut für dich sind.

Ich wünsche dir viel Erfolg!

Liebe Grüße,

Annika

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